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Gefangen in einer destruktiven Beziehung: Eva und Kevin.

Foto: APA/epa/NICOLE RIVELLI PHOTOGRAPHY / HO

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Regisseurin Lynne Ramsey und Kevin-Darsteller Ezra Miller posieren bei einem Filmscreening im Oktober 2011.

Foto: AP/Joel Ryan

Seit ich den Film "We need to talk about Kevin" gesehen habe, dominiert ein Eindruck in mir: "verstörend". Und er hält bis heute - zwei Kevin-Träume und mehrere Gespräche mit FreundInnen über den Film - an. 

Gescheiterte Beziehung

Wie soll ich sagen ... der Plot hat gesessen - für mich als Mutter. (Das Gelöbnis, diesen Satz niemals über die Lippen zu bringen, ist hiermit offiziell gebrochen.) Es geht darin nämlich um die Beziehung einer Mutter zu ihrem Sohn und darüber, wie sie scheitert. Der Film erzählt auf grausam realistische und unaufgeregte Weise, wie es möglich sein kann, dass sich zwei Menschen, die doch eigentlich alles füreinander sein sollten, so überhaupt nicht verstehen. Wie daraus ein Machtkampf entsteht, der in einer Tragödie und einer lebenslangen Strafe für die Mutter mündet.

Regisseurin Lynne Ramsey hat mit Hauptdarstellerin und Freundin Tilda Swinton vier Jahre über dem Projekt gebrütet, so wichtig und folgenschwer erschien ihnen die Herangehensweise an die Verfilmung des Bestseller-Romans von Lionel Shriver.

Letzten Tabus unserer Beziehungskultur

Denn dass eine Mutter ihr Kind nicht "lieben" kann, das ist eines der wenigen Tabus in unserer im Prinzip von Moral befreiten postmodernen Beziehungskultur. Und der Film hütet sich außerdem, solch klare Aussagen wie ich es hier wage, überhaupt zu treffen. Also vermutlich liebt Eva ihren Sohn sehr wohl, aber eben nicht so, wie er es brauchen würde, um nicht dieses - nun ja - Monster zu werden.

"We need to talk about Kevin" ist im Prinzip eine reine ideologische Schlangengrube: Zum einen bietet sich die Lesart an, dass ein Amokläufer letztlich das Produkt einer destruktiven Mutter-Kind-Beziehung ist. Zum anderen, dass Muttergefühle eben doch nicht angeboren, sondern persönlichen Bedingtheiten unterworfen sind. Denn die zwiespältige Mutter ist kein Monster, sondern eine ganz normale, sympathische Frau - die zu ihrem Sohn jenseits eintrainierter Wertschätzungsgesten nur eben keine aufrichtige Verbindung eingehen kann.

Kippbild

Der Film verhält sich in dieser Frage wie ein Kippbild und er lässt offen, ab welchem Zeitpunkt die Weichen in dieser Beziehung auf Katastrophe gestellt werden. Damit bleibt auch die Frage, wer die Schuld an den verheerenden Konsequenzen dieser Familiengeschichte trägt, völlig offen. Mamas aufgepasst: Nach "We need to talk about Kevin" dreht sich das ewige Karussel im Kopf "bin ich gut für mein Kind?" ungefähr doppelt so schnell weiter. (dieMama, dieStandard.at, 24.8.2012)

Trailer:

Quelle: www.youtube.com