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Haifaa Al Mansour und ihre "Wadjda" Waad Mohammed posieren mit dem grünen Fahrrad, einem weiteren Darsteller des Films der Regisseurin, anlässlich der Premiere am 31. August in Venedig.

Foto: APA/EPA/DANIEL DAL ZENNARO

Als erste saudi-arabische Regisseurin hat Haifaa Al Mansour ihr Debüt bei den Filmfestspielen Venedig gegeben. In ihrem Film spürt sie den Frauen auferlegten Restriktionen im konservativen islamischen Königreich anhand der Erfahrungen eines zehnjährigen Mädchens aus Rijad nach.

Popmusik und ein Fahrrad

Der Film trägt den Namen seiner Hauptprotagonistin, "Wadjda", und wurde zur Gänze in Saudi-Arabien gedreht. Al Mansour lässt ihre Mädchenfigur gegen Vorschriften, Geschlechterbarrieren und Verbote ankämpfen, zu Hause wie in der Schule. Hier wie dort wird sie ständig angegriffen, weil sie keinen Schleier trägt, weil sie Popmusik hört und weil sie sich nicht vor den Blicken der Männer versteckt.

Aber Wadjda lässt sich nicht so leicht unterkriegen. Als sie ein grünes Fahrrad entdeckt, das zu verkaufen ist, sieht sie das als Chance, endlich gegen ihren Freund antreten zu können. Sie heckt einen Plan aus, wie sie an genug Geld kommen kann, um sich das Fahrrad zu leisten - gegen den Willen ihrer Mutter, die fest überzeugt ist, dass ehrenwerte Mädchen in Saudi-Arabien nicht Fahrrad fahren.

Also lernt sie brav Koranverse auswendig, um im Rahmen eines religiösen Wettkampfs an ihrer Schule den ausgelosten Bargeldpreis zu gewinnen, und spielt ihren LehrerInnen vor, dadurch zu der geläuterten gottfürchtigen Wadjda zu werden, die sie immer schon hätte sein sollen.

Weiter Druck machen

Haifaa Al Mansours Film prangert die Geschlechterordnung in Saudi-Arabien an, wo Frauen rechtlich und sozial schlechter gestellt sind als Männer. Noch immer dürfen sie nicht Autofahren und brauchen die Erlaubnis eines männlichen Leumunds, um arbeiten gehen oder ein Bankkonto eröffnen zu können. "Es ist ein Leichtes, zu sagen, dass Saudi-Arabien ein schwieriger, einschränkender Ort für Frauen ist, und nichts weiter dagegen zu unternehmen. Aber wir müssen Druck machen und weiter hoffen, dass wir zu einer entspannteren und toleranteren Gesellschaft werden", sagte die Regisseurin nach der Premiere in Venedig.

Aufweichungen

Zeichen der Veränderung sieht Al Mansour durch die jüngeren Generationen im Land passieren, die sich in den starren Traditionen ihre Freiräume nehmen und so langsam die Grenzen gesellschaftlicher Akzeptanz ausdehnen. Das bleibt auch auf Seiten des Regimes nicht unbedacht: Unter König Abdullah können Frauen mittlerweile bessere Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten in Anspruch nehmen - und ab 2015 sollen sie auch wählen dürfen. Bereits in diesem Jahr entsandte das Königreich erstmalig weibliche Athleten zu den Olympischen Spielen in London.

"Das Land öffnet sich, es gibt jetzt riesige Möglichkeiten für Frauen", so die Regisseurin. Ein breites Verständnis für diese Verbesserungen, die der weiblichen Bevölkerung zu Gute kommen, will sie allerdings nicht konstatieren: "Die Leute werden weiter Druck machen, dass die Frauen daheim bleiben, aber wir müssen kämpfen."

Dorn im Auge

So wie Al Mansour selbst, als sie Schwierigkeiten wegen der Dreharbeiten in Rijad bekam. Obwohl sie die Drehgenehmigung von den Behörden bekam, musste sie - als Frau und Filmemacherin - sich ab und zu in ihrem Lieferwagen verstecken, wenn sie in den konservativeren Ecken der Stadt drehte und der Widerstand der Bewohner zu groß wurde. Besonderer Dorn im Auge war das gemischtgeschlechtliche Filmteam: Al Mansour filmte auch mit männlichen Schauspielern. Aber sie drehte weiter, nur verwendte sie von Zeit zu Zeit Walkie-Talkies für Regieanweisungen, anstatt die Darsteller direkt zu sprechen.

Prophetin im eigenen Land

Ihr Film, der nicht im Wettbewerb von Venedig läuft, wird in Al Mansours Heimatland selbst wohl nicht sehr viele Menschen erreichen. Kinos sind in Saudi-Arabien verboten. Die Regisseurin hofft aber, dass er ein Erfolg auf DVD oder gar im Fernsehen gezeigt wird. (Reuters/red, dieStandard.at, 3.9.2012)