Berlin - Die deutsche Bundesregierung will nach einem Zeitungsbericht die Einführung einer Frauenquote für Unternehmensführungen durch die Europäische Union (EU) verhindern. In einem gemeinsamen Brief von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU), der der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt, heißt es: "Eine rechtlich bindende Vorgabe der Europäischen Union für eine Quote sehen wir (...) nicht als den richtigen Weg an." Die zuständige EU-JustizKommissarin Viviane Reding äußert sich indes weiter siegessicher. "Die Quote wird kommen", sagte sie am Dienstag beim Deutschen Juristentag in München.

Quote werde Ausgangslagen in EU-Ländern nicht gerecht

Im Brief der deutschen Politikerinnen heißt es, die Quote werde "weder den unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den EU-Mitgliedstaaten noch den branchenspezifischen Bedürfnissen der Unternehmen gerecht". Der Brief ist dem Bericht zufolge an den britischen Wirtschaftsminister Vince Cable adressiert. Großbritannien bemüht sich unter Federführung von Cable seit längerem, die von der EU-Justizkommissarin Viviane Reding geplante Frauenquote zu verhindern. In ihrem Brief schreiben die beiden deutschen Ministerinnen: "Wir begrüßen und unterstützen (...) ausdrücklich die Initiative Großbritanniens", gegenüber der Europäischen Kommission noch einmal die Gründe für die Ablehnung der Quote darzulegen.

Deutschland will die "Flexiquote"

Deutschland wolle die Quote auf EU-Ebene ebenfalls verhindern, sagte der Sprecher von Schröder. "Wir wollen Vorrang für die nationale Gesetzgebung." Schröder und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hätten dies in einem Brief an die britische Regierung deutlich gemacht. Den von den Briten initiierten Brief an die Kommission habe Deutschland "aus protokollarischer Höflichkeit" aber nicht unterzeichnet, weil der EU-Vorschlag noch nicht fertig auf dem Tisch liege.

Inhaltlich baut Schröder demnach weiter auf die sogenannte Flexiquote. Dabei müssen sich börsennotierte Unternehmen individuelle Ziele von Frauenquoten in Vorständen und Aufsichtsräten geben. Bisher scheiterte das Gesetz am Koalitionspartner FDP. Die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist für eine gesetzliche Frauenquote für die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen von 30 Prozent.

QuotenkritikerInnen-Treffen

Am 4. September hatten sich in Brüssel VertreterInnen von Staaten getroffen, die eine EU-Frauenquote kritisch sehen. Dabei sprachen sich neben Großbritannien auch Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Ungarn, Litauen, Malta, die Niederlande, Schweden und Slowenien gegen Redings Quoten-Vorschlag aus. Der deutsche Vertreter hatte sich bei dem Treffen noch der Stimme enthalten. Mit dem Brief der beiden Ministerinnen hat sich nun auch Deutschland offen auf die Seite der Quoten-Gegner gestellt.

Redings Entwurf sieht vor, dass börsennotierte Unternehmen bis 2020 mindestens zwei von fünf Aufsichtsratsposten mit dem "jeweils unterrepräsentierten Geschlecht", meist also Frauen, besetzen sollen. Firmen mit staatlicher Beteiligung sollen die Quote bereits 2018 einführen. Betriebe, die die Auflagen nicht einhalten, werden bestraft. Die Vorschrift soll nur für Unternehmen gelten, die mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigen und über 50 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften.

GegnerInnen verfügen über Sperrminorität

Deutschland und die zehn Staaten, die sich bereits Anfang September gegen eine EU-Quote gestellt haben, verfügen in Brüssel zusammen über eine Sperrminorität, was Redings Pläne scheitern lassen könnte. 

Reding: "Gemeinsam werden wir das am Ende schaffen"

Die EU-Kommissarin zeigte sich jedoch trotz des hohen Widerstandes siegessicher. "Eines steht fest: Die Quote wird kommen", sagte sie am Dienstag laut Redetext auf dem Deutschen Juristentag in München. Elf EU-Mitgliedstaaten hätten bereits unterschiedliche Quotenregelungen. "Und ich bin sehr sicher, dass es auch in Deutschland bis 2015 eine Quotenregelung geben wird." Sie freue sich über ihre vielen Verbündeten in dieser Frage gerade in Deutschland, sagte Reding. (APA, 18.9.2012)