Paris - Trotz der aufgeheizten Stimmung unter Muslimen in Frankreich hat die rechtsextreme Parteichefin Marine Le Pen ein vollständiges Verbot für das islamische Kopftuch und die jüdische Kippa in der Öffentlichkeit verlangt. Das Verbot solle für "Geschäfte, in Verkehrsmitteln, auf der Straße" gelten, sagte Le Pen der Zeitung "Le Monde" am Freitag. Sie hob hervor, dass es logisch sei, auch die jüdische Kopfbedeckung zu verbieten, wenn das islamische Kopftuch in der Öffentlichkeit untersagt werde.

Le Pen wies den Einwand zurück, dass dies "freiheitsbedrohend" sein könnte. Auf eine entsprechende Frage sagte sie: "Es ist verboten, nackt auf der Straße spazieren zu gehen. Ist das freiheitsbedrohend?" Sie sprach sich offenbar mit Blickrichtung auf Länder wie Saudi-Arabien auch dafür aus, Moscheen in Frankreich nicht mehr "direkt oder indirekt" durch Staaten finanzieren zu lassen. Die Moscheen müssten durch das Geld ihrer Gläubigen finanziert werden.

Vollverschleierung bereits verboten

Le Pen hatte als Präsidentschaftskandidatin im Wahlkampf in diesem Jahr bereits ein Verbot des islamischen Kopftuchs und anderer demonstrativer religiöser Zeichen gefordert, allerdings nur für die öffentliche Verwaltung des Staates und der Regionen. Für öffentliche Verkehrsmittel hatte sie lediglich angeregt, dazu Überlegungen anzustellen. Die Vollverschleierung etwa durch eine Burka ist in Frankreich in der Öffentlichkeit bereits seit April 2011 gesetzlich verboten. Unter den antiklerikalen Regierungen der Dritten Republik war in Frankreich das Tragen religiöser Kleidung in der Öffentlichkeit Priestern und Ordensleuten untersagt.

Die 43-jährige Marine Le Pen, die den Parteivorsitz der rechtsextremen Partei "Front National" (FN) vor eineinhalb Jahren von ihrem Vater Jean-Marie Le Pen übernommen hatte, hatte als Präsidentschaftskandidatin in diesem Jahr überraschend gut abgeschnitten und mit 17,9 Prozent der Stimmen das bisher beste Ergebnis für ihre Partei erzielt. Den Einzug ins Parlament hatte sie nur knapp verpasst. Infolge des Mehrheitswahlrechts ist die "Nationale Front" nahezu nicht in der Nationalversammlung vertreten. (APA, 21.9.2012)