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An die 300.000 Besucher erwartet die Frankfurter Buchmesse anlässlich ihrer 64. Austragung. Das Schwerpunktland heuer ist Neuseeland.

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Ursula Krechel wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2012 ausgezeichnet.

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Frankfurt - Die Frankfurter Buchmesse, sagte deren Direktor Jürgen Boos vergangenes Jahr im Interview, sei eine Bescherung, die sich die Branche selber bereite, denn die fünftägige Veranstaltung schenke dem Buch Öffentlichkeit und eine gewisse Festlichkeit.

Als schon traditioneller Festakt firmiert die Vergabe des Deutschen Buchpreises (25.000 Euro) im Kaisersaal des Frankfurter Römers. Die Auszeichnung 2012 ging nicht ganz unerwartet an die Berlinerin Ursula Krechel (64). In deren Roman "Landgericht" kehrt ein jüdischer Jurist 1948 nach Deutschland zurück. Hinter ihm liegen die Erfahrungen von Verfolgung und Exil. Richard Kornitzer aber verlangt mehr als nur die Duldung seiner Existenz durch die "Rechtsnachfolger" der Nazi-Diktatur. Wiedereingesetzt in das Amt eines Richters für Zivilangelegenheiten, ringt er mit der Bürokratie um die Wiedergutmachung des ihm angetanen Leides.

Die verstörende Oszillation zwischen "Recht" und "Gerechtigkeit" ist das Thema von Krechel, die am Mainzer Landesgericht für ihr monumentales Buch in Gerichtsakten gestöbert hat. Die Geschichte eines Menschen, dem zu Lebzeiten in Adenauer-Deutschland nicht zu helfen war, stach die "Shortlist"-Romane von Ernst Augustin, Wolfgang Herrndorf, Clemens J. Setz, Stephan Thome und Ulf Erdmann Ziegler aus. Obwohl der Grazer Setz somit leer ausging, blieb der österreichischen Literatur ein bedeutender Trost: Krechels 500-Seiten-Werk ist bei Jung & Jung in Salzburg erschienen. Verleger Jochen Jung hat somit nach Melinda Abonji 2010 binnen kurzem den zweiten Buchpreis-Treffer gelandet.

Die Jury unter der Leitung von Andreas Isenschmied würdigte Krechels Anliegen wie folgt: "Landgericht" sei "ein bewegender, politisch akuter, in seiner Anmutung bewundernswert kühler und moderner Roman".

Die Frankfurter Buchmesse als die weltweit größte Veranstaltung ihrer Art bleibt primär der bedeutendste Handelsplatz für Buchrechte und Lizenzen: 7300 Aussteller aus über hundert Ländern reisen an, dazu 9000 Journalisten, 300 Agenten, und an die 300.000 Besucher werden erwartet.

Doch länger schon geht es in Frankfurt nicht mehr nur um das Buch, sondern um eine "All Media Platform", deren Eröffnungspressekonferenz mittlerweile in Englisch abgehalten wird. "Maximise your story, maximise your business" lautet etwa das Motto der zweitägigen, während der Messe stattfindenden "StoryDrive"-Konferenz, in der es um neue Geschäftsmodelle und Erzählformen geht.

Während in den vergangenen Jahren thematisch die Herausforderungen und Umbrüche, welche die Verlagsszene zu vergegenwärtigen hat - etwa das Aufbrechen der traditionellen Verwertungskette vom Autor über den Verlag zum Händler -, im Mittelpunkt des Interesses standen, liegt heuer die programmatische Ausrichtung der Messe anders: mit einem stark ausgebauten Kinder- und Jugendbuch-Schwerpunkt auf den Bereichen "Hot Spot Digital Innovation" und "Hot Spot Kids & eReading".

Die größte Herausforderung für die Verlagsbranche bleibt die Frage, wie sie mit veränderten Markt- und Distributionsbedingungen (Amazon, E-Books) umgeht. Die Messe ist von Mittwoch bis Freitag nur für Fachbesucher und Schulklassen zugänglich und am Samstag (9 bis 18.30 Uhr) und Sonntag (9 bis 17.30 Uhr) für das allgemeine Publikum geöffnet. (poh/steg, DER STANDARD, 9.10.2012)