Wien - Die Reaktionen zum am Mittwoch präsentierten Familienrechtspaket sind auch am Donnerstag und Freitag gemischt ausgefallen. Während sowohl die Kirche als auch die Sozialdemokratische Lesben, Schwule und Transgender Organisation (SoHo) und die Österreichische Plattform für Alleinerziehende (ÖPA) in Presseaussendungen die Gesetzesänderung begrüßten, sahen die Wiener Frauenhäuser und der Österreichische Frauenring die richterliche Anordnung der gemeinsamen Obsorge im Streitfall kritisch. Der Verein "Vaterverbot" und die Männerpartei finden in den Neuerungen keine Verbesserung für die Lage der Väter.

Die Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser, Andrea Brem, zweifelt an der im Gesetz vorgesehenen richterliche Anordnung der gemeinsamen Obsorge im Streitfall: "Dort, wo Eltern streiten, glaube ich einfach nach wie vor nicht, dass das mittels gerichtlicher Anordnung besser funktionieren wird", sagte sie im "Ö1-Morgenjournal". Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin vom Verein Autonomer Frauenhäuser, äußerte sich am Freitag via Aussendung ebenso kritisch. "Gewalttätige Beziehungen können nicht durch ein Gericht harmonisiert werden," heißt es. Die geplante Gesetzesänderung würde die Position von ledigen Müttern nicht verbessern.

Positiv bewerten die Autonomen Frauenhäuser, dass im Entwurf erstmals eine klare Definition zum Kindeswohl gelungen sei. Die Frauenhäuser fordern, dass alle Berufsgruppen wie RichterInnen, GutachterInnen, PädagogInnen, PsychologInnen und SozialarbeiterInnen, die gemäß dem Entwurf an Obsorgeverfahren beteiligt sein sollen, zum Thema Gewalt an Frauen und Kindern geschult werden.

Skeptischer Frauenring

Der Österreichische Frauenring (ÖFR) zeigt sich in einer Aussendung ebenso skeptisch. "Die geplante Abkühlungsphase in Form einer vorläufigen elterlichen Verantwortung für sechs Monate ist eine Verlängerung des Rosenkriegs, der auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird", kritisiert die Vorsitzende des ÖFR, Christa Pölzlbauer.

Generell, so Pölzlbauer, habe die beiden Ministerien die Vorschläge des Frauenrings interessiert aufgenommen, inhaltlich wurden sie im Entwurf jedoch nicht berücksichtigt. Die Alleinerziehenden hingegen sehen ihre Forderungen zu einer "verantworteten Elternschaft" im Gesetzesentwurf großteils erfüllt. Für die SoHo bringt die Gesetzesänderung "deutliche Verbesserungen für Patchwork- und Regenbogenfamilien."

Enttäuschte Männer

Der Verein "Vaterverbot" bezeichnete das Familienrecht in einer Presseaussendung gar als "Verhöhnung aller Väter." Enttäuscht äußerte sich auch die Männerpartei in den "Vorarlberger Nachrichten" (Donnerstag-Ausgabe): Das neue Familienrecht sei "eine Mogelpackung zur Behübschung der fortgesetzten Männerdiskriminierung." Als ein "lobenswertes Signal in die richtige Richtung", bezeichnete Bischof Klaus Küng die Einigung der Regierung auf ein neues Familienrecht.  (APA, red, 11.10.2012)