Luki steht auf Blumenwiesen - alles wunderbar ...

Foto: www.chemie-ist-in.at

... aber warum muss Gitti das Blödi spielen?

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Chemie ist in! - wer könnte diese einfache Botschaft fetziger in Worte fassen, als der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs? Eben weil das Fach Chemie und der dazugehörige Fachverband vermutlich nicht so ganz im Trend liegt bei der auszubildenden Jugend, hat man sich an verantwortlicher Stelle einen besonders coolen Image-Film zugelegt.

In "Chemie ist in!" - man kann es nicht oft genug wiederholen - wird die Geschichte von Luki erzählt, der auf Bio-Weckerl und Blumenwiesen steht und gar nicht weiß, in wie vielen nützlichen Gebrauchsgegenständen überall Chemie drin steckt. Ein recht netter Plot, untermalt und erzählt vom Dialekt-Rap von "Ah geh". Allerdings fällt schon hier auf, dass der Bub plump, übelriechend ("Stinkefüße") und gedankenfaul präsentiert wird.

Auftritt Gitti

Richtig schlimm mit den Stereotypen wird es schließlich, wenn "Gitti" ins Geschehen rückt. Die hat, zumindest in der extended version, die auf der Kampagnen-Homepage zu sehen ist, nichts Besseres zu tun, als in ihr Mobiltelefon "blablabla" zu reden und vor allem der Erzählstimme und damit auch dem Publikum gehörig auf die Nerven zu gehen. Am Abend schließlich, wenn beide in ihrem Zelt liegen will Gitti "die Chemie" zwischen ihr und Luki testen und bringt sich sexuell geschickt in Szene.

Keine Verwendung für Mädchen?

Der "Chemie ist in!"-Spot ist derzeit in österreichischen Kinos zu sehen. In der Kurzversion wird zwar auf den sexistischen Auftritt von Gitti verzichtet, doch müssen sich die Auftraggeber auch hier fragen lassen, warum sie es nicht schaffen, Mädchen als Zielgruppe im weiten Feld der Chemie-Berufe anzusprechen.

Dass in Österreich Fachkräfte in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) fehlen, ist inzwischen ein Gemeinplatz in aktuellen (Aus-)Bildungsdebatten. Warum bei gezielten Imagekampagnen dann ausgerechnet junge Mädchen entweder ausgelassen oder auf das Klischeehafteste dargestellt werden, ist eigentlich unbegreiflich. Dem alten Missverständnis, sexistisch sei frech und modern, ist - so scheint es - einfach nicht beizukommen. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 13.11.2012)