Die Villa vor der Generalsanierung ...

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... und nach der Generalsanierung, die 1985 durchgeführt wurde.

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Das rosa-lilafarbene Haus an der Linken Wienzeile im 6. Wiener Gemeindebezirk ist nicht zu übersehen. Und obwohl das Haus so präsent ist, ist es ein Rückzugsort. Jene, die es betreten setzen ein Statement. Und jene, die es verlassen, werden schon mal angefeindet.

1982 besetzten AktivistInnen das Haus mit der Nummer 102 und gründeten nach zähen Verhandlungen mit der Stadt Wien die "Rosa Lila Villa", Wiens erstes Lesben- und Schwulenhaus. Vizebürgermeisterin Gertrude Fröhlich-Sandner übertrug dem Verein das Haus zur Selbstverwaltung.

Seit 30 Jahren andersrum

An diesem Wochenende feiert das Community-Zentrum das 30-jährige Bestehen. "Wir sind seit 30 Jahren andersrum", so die MitarbeiterInnen der Villa, Donnerstagvormittag im Rahmen einer Pressekonferenz. Das Haus - inzwischen eine Institution der Lesben-, Schwulen-, Bi- und Trans*-Bewegung - beherbergt heute ein Projekt für kollektives Wohnen (Wohnverein türkis_rosa_lila wohn*satellit), ein Beratungs- und Informationszentrum (Verein Türkis Rosa Lila Tipp) und ein Café-Restaurant (Verein Willendorf), in dem Konsum kein Zwang ist.

Utopischer Gegenentwurf

Die BewohnerInnen der Villa betonten, dass es langfristig sinnvoll und innovativ sei, einer Community Raum zu geben, um ihn für viele andere zu öffnen. Das rosa Haus stehe dabei seit 30 Jahren für einen utopischen Gegenentwurf zu den dominierenden Mainstreamkonzepten von Heteronormativität, Patriarchat und binären Identitätskonstruktionen. Lesben, Schwule und Trans*Personen zu bestärken, stehe im Zentrum ihrer Arbeit. Seit je her sind Fragen der Allianzen zwischen unterschiedlichen minorisierten Gruppen und die Bekämpfung verschiedenster Formen von Diskriminierung ein wichtiger Bestandteil der politischen Arbeit.

Zum 30. Jubiläum wird nun überlegt, den Namen zu erweitern - in türkis-rosa-lila Villa. Die neue Farbe soll transidente Personen repräsentieren. Denn so, wie sich das Gebäude in den letzten drei Dekaden veränderte, veränderte sich auch zunehmend die Beratungsstruktur. Das Internet habe den Zugang niederschwelliger und einfacher für jene Personen gemacht, die sich in Sachen Coming-out oder Diskriminierung beraten lassen wollen. In dieser Zeit hat sich die Rechtslage für Lesben, Schwule und Trans*Personen zwar verbessert, aber so zu tun, als wäre "alles schon normal", gelte nach wie vor nicht. "Legal ist inzwischen vieles, aber die Probleme der Community bleiben ähnlich", so die AktivistInnen.

Elf Wohnplätze

Es sei eine "rhetorische Modernisierung" eingetreten, denn laut Villa-BeraterInnen stehen lesbische oder schwule Jugendliche unter einem enormen Druck - sei es in der Schule oder in den Familien. Dies treffe vor allem auf ländliche Räume Österreichs zu. Ähnlich verhalte es sich mit AsylwerberInnen, die in Flüchtlingsunterkünften oder auch kirchlichen Einrichtungen nicht die entsprechende Unterstützung bekämen. An Anfragen für die elf verfügbaren Wohnräume mangelt es nicht: Es gebe weitaus mehr Bedarf an Wohnungen, als Plätze zur Verfügung stehen, betonen die AktivistInnen. Inzwischen wurde daher eine durch Spenden finanzierte Wohnung angemietet.

"Recht ist keine Grenze für Aktivismus"

Die "rhetorische Toleranz" zeige sich jedoch auch in der Gesetzeslage. Dass Lesben und Schwule nach wie vor nicht im Anti-Diskriminierungsgesetz aufscheinen, führt oftmals zu schwierigen Beratungssituationen. "Was sollen wir einer Frau schon sagen, wenn sie, weil sie ihre Freundin in einem Lokal küsste, aus dem Lokal verwiesen wird?" Laut Gesetz ist das keine Diskriminierung. "Aber das Recht ist keine Grenze für Aktivismus", lautet eine Devise der Villa. Bei derartigen Problemen bestärken die BeraterInnen zu einem Kiss-In.

Derzeit zerbrechen sich die Villa-MitarbeiterInnen - die allesamt ehrenamtlich tätig sind - den Kopf darüber, wie man LehrerInnen und SchülerInnen besser für Information und Aufklärung erreichen könne. Zudem soll demnächst geprüft werden, ob das Villenobjekt barrierefrei gestaltet werden kann, was sich angesichts der Bausubstanz schwierig gestalten könnte.

Zukunft gesichert

Das Weiterbestehen der Rosa Lila Villa, die sich nach wie vor im Eigentum der Stadt Wien befindet und jährlich eine Grundsubventionierung von 17.000 Euro erhält, wurde unter der Voraussetzung der Gemeinnützigkeit durch neuerliche Aushandlungen eines Baurechtsvertrages bis 2045 gesichert. (eks, dieStandard.at, 15.11.2012)