Zum heutigen Lunch: Flashmob-Protest der Plattform "20.000 Frauen" vor dem Parlament

Foto: diestandard.at/yun

Uneinige Eltern, verordnete gemeinsame Obsorge - auf der Strecke bleibt das Kindeswohl.

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Ein lautes Nein: Gegen die gemeinsame Obsorge durch Gerichtsurteil gegen den Willen eines Elternteils.

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Im Zuge der geplanten Neuregelung der Obsorge machte die Plattform "20.000 Frauen" mobil und organisierte Dienstagmittag einen Flashmob vor dem Parlament. Protestiert wurde nicht nur gegen den vorliegenden Gesetzesentwurf, sondern auch gegen die Hauruck-Aktion des Gesetzgebers.

Demokratiepolitische Defizite

"Die gerichtlich verordnete gemeinsame Obsorge darf nicht Gesetz werden", fordert Plattform-Vertreterin Rosemarie Ertl stellvertretend für eine Reihe von Frauenorganisationen - darunter der Frauenring, die Autonomen Frauenhäuser oder das Netzwerk der österreichischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen -, die Bedenken gegen die neuen Gesetzesvorlage geäußert und umfassende Stellungnahmen abgegeben haben.

Eben diese zahlreichen Expertinnen-Meinungen seien - ebenso wie die Erfahrungswerte von Beratungsstellen - jedoch bei der Ausarbeitung des Gesetzes nicht berücksichtigt worden, kritisiert Ertl. Angesichts der ungewöhnlich kurzen Begutachtungsfrist von nicht einmal vier Wochen sei es auch unrealistisch gewesen, dass die hochqualifizierten Inputs von den befassten Stellen im Justizministerium eingearbeitet worden wären.

Viele Aspekte sind so außen vor geblieben, wie etwa eine Regelung für Eingetragene PartnerInnenschaften. Auch der Umstand, dass unverheiratete Eltern das gemeinsame Sorgerecht künftig am Standesamt vereinbaren können, ist auf Kritik - nicht nur von Frauenorganisationen - gestoßen. Ertl: "Dafür sind StandesbeamtInnen nicht geschult."

Kritik an der gemeinsamen Obsorge per Gerichtsbeschluss

Neu ist die feministische Kritik am Institut der gemeinsamen Obsorge nicht. Schon vor 2001, als es mit dem neuen Kindschaftsrecht möglich wurde, die gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung beizubehalten, wurden Bedenken formuliert.

"Gemeinsame Obsorge bedeutet in der Praxis nicht automatisch auch die Verteilung der Pflichten. Wenn sich die Eltern einig sind, brauchen sie ohnehin keinen gerichtlichen Beschluss. Aber wenn sie miteinander im Konflikt sind und nicht miteinander sprechen, können sie keine Vereinbarungen treffen, die zum Wohl des Kindes sind. In solchen Fällen ist es in der Regel im Alltag für das Kind besser, wenn ein Elternteil alleine entscheidet. Da geht es um ganz praktische Dinge wie zum Beispiel medizinische Entscheidungen", so Rosemarie Ertl.

Verlängerung der Gewalt

Von Frauenhäusern und anderen Fraueneinrichtungen gibt es zudem schwerste Bedenken gegen die sogenannte "Abkühlphase". "In Gewaltbeziehungen bedeute dies eine Verlängerung der Gewalt und eine Traumatisierung von Kindern und Frauen. Ein gewalttätiger Partner hat seinen Anspruch auf das Sorgerecht verloren. Das muss gesetzlich garantiert sein", sagt Ertl. Gefordert wird außerdem eine dem Gericht vorgeschaltete Schlichtungsstelle, um Konflikte im Fall von Trennungen nicht noch zu verschärfen. (red, dieStandard.at, 20.11.2012)