Gewalt gegen Frauen spielt sich oft hinter verschlossenen Türen ab. Die Öffentlichkeit sieht solche Geschehnisse jedoch nicht mehr als Privatsache an.

Foto: Sylvia K/www.bildergegengewalt.net

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek präsentierte am Mittwoch gemeinsam mit Studienautorin Christina Matzka den vierten Teil ihrer Frauenbarometer-Umfrage.

Foto: BKA/Regina Aigner

Die Ergebnisse zum Thema "persönliche Erfahrungen mit Gewalt" im Detail.

Foto: Frauenministerium

Wien - Gewalt ist im Leben von Frauen sehr präsent. Dieses Bild zeigt sich durch eine aktuelle Umfrage, die von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) in Auftrag gegeben wurde. Bei der Präsentation am Mittwoch sprach die Frauenministerin von "alles in allem sehr erschreckenden, sehr alarmierenden Zahlen".

Jede zweite Frau von Gewalt betroffen

Laut der Frauenbarometer-Umfrage, in der 1145 Personen vom Institut "meinungsraum.at" befragt wurden, ist jede zweite Frau schon einmal Opfer von Drohungen und Schlägen geworden (51 Prozent).  84 Prozent haben schon Beleidigungen und Beschimpfungen über sich ergehen lassen müssen. Rund 30 Prozent wurden schon einmal sexuell belästigt. Das Gewaltspektrum, dem Frauen im sozialen Nahraum ausgesetzt seien, reiche vom Geldentzug über psychischen Druck bis hin zu Vergewaltigung und Morddrohungen und mache Frauen Angst, so Studienautorin Christina Matzka.

Bei den Männern zeigte sich, dass sie in einem ähnlichen Maß von Beleidigungen und Beschimpfungen betroffen sind: 83 Prozent gaben an, dies schon einmal erlebt zu haben. Auch Männer machen oftmals Gewalterfahrungen: 57 Prozent gaben an, schon einmal Opfer von Handgreiflichkeiten, Schlägen und Körperverletzungen gewesen zu sein. Wer bei den Vorfällen der/die AggressorIn war, wurde bei der Umfrage nicht erhoben.

Hohes Bewusstsein für Gewalt

Drei Viertel der Befragten meinen, dass häusliche Gewalt gegen Frauen hierzulande ausgesprochen verbreitet ist. Bei den weiblichen Befragten liegt diese Zahl bei 81 Prozent. Frauen reden mit ihren Geschlechtsgenossinnen offenbar auch weit öfters über diese Problematik - vor allem, wenn sie selbst Opfer werden. Fast die Hälfte (47 Prozent) kennt eine Betroffene persönlich. 

Unterschiede zwischen Frauen und Männern

Grundsätzlich ist bei dieser Thematik in den meisten Punkten ein deutlicher Unterschied zwischen den Geschlechtern festzustellen. Sowohl was die Wahrnehmung, als auch was die individuellen Erlebnisse betrifft, sind Männer meist weniger involviert. Positiv gesehen werden kann der Fakt, dass Gewalt gegen Frauen keine Privatsache mehr ist. Nur jeder Zehnte gab an, dass dies niemanden etwas angehe - mehr als drei Viertel (77 Prozent) hingegen negieren diese Ansicht strikt. Außerdem lehnt eine breite Mehrheit (90 Prozent) "grundsätzlich jede Gewalt" ab.

Gründe für Gewalt

Als Gründe für Gewalt gegen Frauen nannten die Befragten an erster Stelle Alkoholismus und Drogenmissbrauch. Weiters äußerten sie die Ansicht, dass Gewalt innerhalb von Familien weitervererbt werde. Zudem würden soziale Probleme, wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit, das Problem verschärfen.

Die über 1.200 Befragten waren sich einig, dass der Ausbau von Gewaltschutzeinrichtungen wichtig sei. Ebenso wurde eine Helpline, über die gebührenfrei um Hilfe gerufen werden kann begrüßt. Viele plädieren auch für eine härtere Bestrafung der Täter.

Causa "Po-Grapschen"

Zum aktuellen Thema "Po-Grapschen"  stellte die Ministerin klar: "Das ist sexuelle Belästigung". Und die hat laut Frauenbarometer jede dritte Österreicherin bereits am eigenen Leib erfahren.

Grüne fordern nationalen Aktionsplan

Anlässlich der Präsentation des Frauenbarometers forderte die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner einmal mehr einen Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen. Hilfsangebote im Gesundheitswesen sollten über Bundesländergrenzen hinweg eng koordiniert und vernetzt werden, so Schwentner.

Der Schutz vor Gewalt dürfe keine Kostenfrage sein. Auch das Anti-Gewalttraining mit Männern spiele eine wichtige Rolle zur Prävention. Im Anlassfall müsse Frauen ein sicherer Zufluchtsort garantiert werden: "Ob im entscheidenden Moment ein Platz im Frauenhaus frei ist, kann zur Überlebensfrage werden", betonte Schwentner.

BZÖ: Mehr Geld für Verteidigungskurse

Auch BZÖ-Frauensprecherin Martina Schenk meldete sich anlässlich der Studienpräsentation zu Wort: "Gewalt an Frauen kann man am ehesten präventiv vermeiden, indem Frauen zukünftig noch unabhängiger sowie eigenständiger werden, um damit eine stärkere Rolle in der Gesellschaft einnehmen zu können," so Schenk. Das BZÖ verlangt mehr Budgetmittel für Selbstverteidigungskurse. Diese "sollten bereits in der Schule angeboten werden, denn Frauen sollten schon sehr früh psychisch und physisch gestärkt werden", so Schenk.

Da Frauen nach wie vor weniger als Männer verdienen würden, seien sie "verstärkt armutsgefährdet und bleiben trotz gewalttätigen Auseinandersetzungen im finanziellen Abhängigkeitsverhältnis." Ein weiteres Problem sei, dass auch in Österreich viele Frauen zwangsverheiratet seien. (APA/red, dieStandard.at 28.11.2012)