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Anna Grodzka scheiterte am Weg zur Vize-Präsidentin der Kammer.

Foto: apa/Bartlomiej Zborowski

Warschau - Das polnische Parlament hat sich nach einer über zwei Wochen dauernden, öffentlichen Debatte am Freitag dagegen ausgesprochen, die transidente Abgeordnete Anna Grodzka von der linksliberale Partei Bewegung Palikots (RP) zur Vize-Präsidentin der Kammer zuwählen. Die große Mehrheit der Abgeordneten stimmte dagegen, die früher von der RP für das Präsidium nominierte Wanda Nowicka von dort abzuberufen. Gleichzeitig weigerte sich Nowicka überraschend, von sich aus zurückzutreten.

"Ich bin sehr traurig und sehr enttäuscht", kommentierte der RP-Vorsitzende Janusz Palikot. Er werde sich dafür einsetzen, dass Nowicka aus der Fraktion ausgeschlossen wird. Die Bewegung Palikots wollte die Abgeordnete aus dem Präsidium zurückziehen, weil sie eine Prämie für ihre Arbeit, die sie von Parlamentspräsidentin Ewa Kopacz erhalten hatte, ihrer Partei nicht gemeldet hatte. KritikerInnen warfen Palikot allerdings vor, dies nur als Vorwand benutzt zu haben, um mit der neuen Kandidatin Anna Grodzka Schlagzeilen zu machen. "Ich fühle mich benutzt", erklärte auch Nowicka am Freitag im Sejm. Sie sei auf ihrem Posten geblieben, um weiter für Frauenrechte zu kämpfen, so Nowicka.

Identität Grodzka bestimmte die Schlagzeilen

Gegen die Abberufung von Nowicka stimmten alle Fraktionen außer der RP, obwohl die Abgeordnete wegen ihrer linksliberalen Ansichten bei den konservativen Parteien umstritten ist. Die rechtsliberale Bürgerplattform (PO) von Ministerpräsident Donald Tusk hatte angekündigt, Anna Grodzka nur dann zu wählen, wenn Nowicka freiwillig von ihrem Amt zurücktritt.

Die weltanschaulichen Debatten um die transidente Grodzka und ein vom Parlament abgelehntes Partnerschafts-Gesetz für gleichgeschlechtliche Paare bestimmten in den vergangenen Wochen die polnischen Schlagzeilen. Das schadete vor allem der regierenden Bürgerplattform, wie eine Umfrage des Instituts CBOS zeigte. Nur noch 25 Prozent der Befragten erklärten, sie wollten Tusks Partei wählen - sechs Prozent weniger als im Jänner. Gerade liberale Wähler wendeten sich von der PO ab, so Experten.

Die rechtskonservative Partei Recht und Gerechtgkeit (PiS) von Ex-Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski kam laut der Umfrage auf 24 Prozent. Die mitregierende Bauernpartei PSL sehen die ForscherInnen bei acht Prozent, das Bündnis der demokratischen Linken (SLD) bei sieben Prozent und die RP bei fünf Prozent. 26 Prozent derjenigen, die wählen wollen, konnten sich nicht für eine Partei entscheiden. (APA, 8.2.2013)