Paris - Die französische Nationalversammlung hat am Dienstag mit klarer Mehrheit der Einführung der Ehe für Homosexuelle zugestimmt. 329 Abgeordnete votierten für den Gesetzentwurf, der gleichgeschlechtlichen Paaren auch ein gemeinsames Adoptionsrecht einräumt, 229 ParlamentarierInnen stimmten dagegen. Im April wird sich der französische Senat mit dem Gesetzestext befassen, gegen den die konservative Opposition und die katholische Kirche seit Monaten Sturm laufen.

Nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses riefen die Abgeordneten des linken Regierungslagers begeitstert "Gleichheit, Gleichheit!". Justizministerin Christiane Taubira, die sich in den hart geführten Debatten vehement für den Gesetzestext eingesetzt hatte, sprach von einer "wichtigen Etappe" - fügte aber mit Blick auf die Abstimmung im französischen Senat hinzu, dass die letzte Hürde noch nicht genommen sei.

Erbitterte Debatte im Vorfeld

Die Abgeordneten hatten am Wochenende eine knapp zweiwöchige, erbittert geführte Marathon-Debatte über die erste große gesellschaftspolitische Reform des sozialistischen Staatschefs Francois Hollande abgeschlossen. Insgesamt diskutierten sie an zehn Tagen fast 110 Stunden lang über den Gesetzentwurf, zu dem die Opposition rund 5.000 Änderungsanträge eingereicht hatte. Das Thema spaltet auch die französische Gesellschaft: In den vergangenen Wochen gingen hunderttausende DemonstrantInnen für oder gegen das Gesetz auf die Straße.

Und das Thema spaltete auch die Nationalversammlung: Beim Votum am Dienstag stimmte die linke Regierungsmehrheit beinahe geschlossen für die Einführung der Ehe für Lesben und Schwule, die Rechte dagegen. In beiden Lagern gab es eine kleine Zahl von AbweichlerInnen, insgesamt zehn Abgeordnete enthielten sich bei der Abstimmung.

Nächster Schritt: Künstliche Befruchtung legalisieren

In dem Gesetzentwurf zur Ehe zwischen Homosexuellen wird lesbischen Paaren, anders als von den sozialistischen Abgeordneten zunächst gewollt, kein Zugang zur künstlichen Befruchtung gewährt. Eine entsprechende Regelung wollen die SozialistInnen aber in einem neuen Familiengesetz verankern. Die Opposition und die katholische Kirche wollen dies unbedingt verhindern, sie sehen darin einen ersten Schritt hin zur Legalisierung der in Frankreich verbotenen Leihmutterschaft.

Frankreich im europäischer Trend

In den vergangenen Jahren haben mehrere europäische Staaten die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt. Den Anfang machten die Niederlande, die die Ehe für Lesben und Schwule 2001 als erstes Land weltweit beschlossen. Es folgten unter anderem Belgien 2003, Spanien 2005 und Schweden 2009. Vor einer Woche stimmte das britische Unterhaus für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe, das Oberhaus muss dem noch zustimmen. In Österreich existiert seit Anfang 2010 die Möglichkeit einer eingetragenen Partnerschaft. (APA, red, dieStandard.at,  12.2.2013)