Wien - Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht "Mann" oder "Frau" identifizieren können, oder einen Wechsel ihres biologischen Geschlechts ins Auge fassen, sind noch immer zahlreichen gesellschaftlichen Hürden ausgesetzt. Die Stadt Wien beschäftigt sich 2013 schwerpunktmäßig mit Transidentitäten und stellte am Donnerstag Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lebenssituation vor. 

Mehrere Hürden für Transgender in Wien genommen

Die für Antidiskriminierung zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger stellte zu Beginn fest, dass in Wien der eigene Wirkungsbereich gründlich durchleuchtet wurde und einige Verbesserungen erreicht werden konnten.

Von nun an reicht es in Wien etwa aus, bei der Personenstandsänderung ein psychotherapeutisches Gutachten vorzuweisen. Bisher war ein psychiatrisches oder klinisch-psychologisches Gutachten von Nöten, was für viele Betroffene einen höheren Aufwand bedeutete. Bei der Vornamensänderung auf einen geschlechtsneutralen Namen ist in Wien ab sofort keine Gebühr mehr zu verrichten, wenn als Begründung unzumutbare wirtschaftliche und soziale Nachteile angeführt werden.

Begleitend dazu wird die Wiener Antidiskriminierungsstelle Schulungen für alle StandesbeamtInnen durchführen. In Wien wurde mit der letzten Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes und im Dienstrecht zudem "Geschlechtsidentität" als Grund für Diskriminierung festgeschrieben, um Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Kickert: "Transidentität ist keine Krankheit"

Es sei nun notwendig, sich auf Bundesebene für gesetzliche Verbesserungen für Transgender Personen einzusetzen, so die Grüne Gemeinderätin Kickert. Vor allem ein neuer rechtlicher Zugang im Namens- und Personenstandsrecht sei dringend nötig. Pathologisierende Diagnosen dürften in Zukunft nicht mehr Voraussetzung für eine Änderung des Personenstands sein. "Transidentität ist keine Krankheit, die Wahl des Vornamens und der rechtlichen Geschlechtsidentität muss frei wählbar sein", so Kickert.

Auch Alecs Recher von "Transgender Europe" aus Zürich betonte, dass Trans-Sein einen Menschen nicht psychisch krank mache. "Eine stigmatisierende Diagnose und erschwerte oder unmögliche rechtliche Anerkennung der Geschlechtsidentität verletzen jedoch nicht nur Grundrechte, sondern erhöhen auch das Risiko für gesellschaftlichen Ausschluss", erläuterte der Experte.

Vorbild Argentinien

Als Vorbild im Umgang mit der Geschlechtsidentität ihrer BürgerInnen verwiesen die ExpertInnen auf Argentinien. Das lateinamerikanische Land hat die staatliche Anerkennung des Geschlechts auf Basis des einzig sicheren Indikators gesetzlich eingeführt: das Wissen des Individuums, Mann oder Frau zu sein. 

Neue Broschüre mit Basiswissen

Die österreichweit erste Broschüre zu dem Thema "Trans*Identitäten" wurde am Donnerstag ebenfalls vorgestellt. "Die Broschüre ist vor allem für das Umfeld von Transgender Personen hilfreich. Hier wird die rechtliche Situation erläutert, über medizinische Behandlungsaspekte aufgeklärt und das soziale Umfeld sensibilisiert", erklärte Jo Schedlbauer von der WASt. (red, dieStandard.at 14.2.2013)