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Lesbische und schwule Paare können derzeit in 41 der 50 US-Bundesstaaten nicht heiraten.

Foto: REUTERS/JONATHAN ERNST

Washington - Für den Supreme Court ist es die Entscheidung des Jahres: Die neun Obersten RichterInnen der USA befassen sich ab Dienstag mit der heiklen Frage der Zulässigkeit homosexueller Ehen. Anhand von zwei Fällen auf Ebene der Bundesregierung und der Bundesstaaten überprüft das Gericht, welche Rechte lesbische und schwule Paare in den Vereinigten Staaten haben sollen. Der Widerstand aus dem konservativen Lager gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ist heftig - doch Umfragen zeugen von einem Wandel in der öffentlichen Meinung. Das Urteil wird für den Frühsommer erwartet.

Anhörung zu "Proposition 8" und "DOMA"

Der Supreme Court verhandelt am Dienstag zunächst über ein per Referendum erlassenes Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen in Kalifornien. Zum Auftakt der Beratungen demonstrierten vor dem Gericht hunderte BefürworterInnen und GegnerInnen der gleichgeschlechtlichen Ehe.

Die "Homo-Ehe" war in dem Bundesstaat zwischen Mai und November 2008 kurzzeitig erlaubt, dann wurde in einem Volksentscheid mit knapper Mehrheit die sogenannte "Proposition 8" angenommen, die die Ehe in einem Zusatz zur kalifornischen Verfassung als Bund zwischen Mann und Frau definierte. Homosexuelle Paare strengten einen Rechtstreit durch die Instanzen an und erhielten zuletzt im Februar 2012 von einem Bundesberufungsgericht in San Francisco Recht.

Der zweite Fall betrifft die Klage einer verwitweten lesbischen Frau gegen das Gesetz zur Verteidigung der Ehe (DOMA) von 1996, das auf Bundesebene die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau festschreibt. Die Regelung hat zur Folge, dass nur heterosexuelle EhepartnerInnen Vorteile bei Steuern, Erbschaften und Krankenversicherungen in Anspruch nehmen können. Im vergangenen Oktober urteilte ein Bundesberufungsgericht in New York, dass das Gesetz gegen das Diskriminierungsverbot verstoße. Der Supreme Court hört hierzu die Argumente beider Seiten am Mittwoch.

Wertewandel in den USA

Lesben und Schwule sind in den USA von einer rechtlichen Gleichstellung bisher weit entfernt. In 41 der 50 Bundesstaaten können gleichgeschlechtliche Paare derzeit nicht heiraten; in einigen konservativen Staaten wie Mississippi dürfen Unternehmen ihre Beschäftigten sogar feuern, wenn sie von ihrer Homosexualität erfahren.

Allerdings hat sich in der Haltung der Bevölkerung gegenüber der gleichgeschlechtlichen Ehe einiges verändert, seit unter dem damaligen Präsidenten Bill Clinton das "DOMA"-Gesetz verabschiedet wurde. In Umfragen spricht sich mittlerweile eine Mehrheit der US-BürgerInnen für die Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen PartnerInnen aus. Einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Public Religion Research Institute zufolge waren 52 Prozent der Befragten für die lesbische bzw. schwule Ehe, 42 Prozent lehnten sie ab. Vor allem unter jungen Erwachsenen ist die Akzeptanz hoch - ein deutliches Zeichen für einen Wertewandel.

Während sich viele Größen aus dem Showbusiness schon länger für die Rechte von Lesben und Schwulen aussprechen, schließen sich auch immer mehr PolitikerInnen den BefürworterInnen der gleichgeschlechtlichen Ehe an. Sogar Ex-Präsident Clinton nimmt heute Abstand vom "Homo-Ehe"-Bann, den er einst in Kraft setzte. In einem Gastbeitrag in der "Washington Post" erklärte er kürzlich, die Regelung sei "diskriminierend" und müsse gekippt werden.

Barack Obama: "Pro-Homo"

Auch Barack Obama hat mittlerweile eindeutig Stellung bezogen. Lange wich er dem Thema mit der Formulierung aus, seine Haltung sei "in der Entwicklung" begriffen. Im Mai vergangenen Jahres sprach sich Obama dann als erster Präsident der USA offen für die gleichgeschlechtliche Ehe aus. "Für mich persönlich ist es wichtig, voranzugehen und zu betonen, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten sollten", sagte er damals. Auch in der Vereidigungsrede für seine zweite Amtszeit im Jänner benutzte er erstmals das Wort "schwul" und forderte die Gleichbehandlung von Homosexuellen.

Der Oberste Gerichtshof ist in ein liberales und ein konservatives Lager gespalten. In der Vergangenheit war immer wieder der Richter Anthony Kennedy das Zünglein an der Waage. Auch der Vorsitzende Richter John Roberts könnte am Ende den Unterschied machen: Im vergangenen Jahr sorgte seine Stimme dafür, dass der Supreme Court Obamas Gesundheitsreform für verfassungsgemäß erklärte.

Die GegnerInnen der Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule sind vor allem bei den RepublikanerInnen zu finden, Unterstützung erhalten sie von Kirchen und konservativen Lobbygruppen. Der christlich-konservative Family Research Council erklärte vor der Verhandlung: "Die Ehe wurde im US-Recht immer mit einem Paar unterschiedlichen Geschlechts in Verbindung gebracht, nicht als zwei Männer oder zwei Frauen." (APA/red, dieStandard.at, 25.3.2013)