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Peng Liyuan ist ihren Landsleuten schon lange als Schlagersängerin bekannt. An der Seite ihres Mannes soll sie nun helfen, außenpolitische "Widersprüche zu verringern".

Foto: AFP/Yule bj

Beim Russland-Besuch von Chinas neuem Präsidenten Xi Jinping in der vergangenen Woche beglückwünschte die ihn begleitende Ehefrau Peng Liyuan Moskauer Waisenkinder nach einer Tanzaufführung. Sie spreche nicht nur für sich: "Wenn ich euch alles Gute wünsche, vertrete ich Tausende von Müttern bei uns."

Ihr Satz machte im fernen Fernsehen Chinas, im Internet und den Printmedien Furore. Die Präsidentengattinnen bisheriger Staatschefs folgten ihren Männern auf Auslandstrips wie schüchterne Schatten. Sie trugen unauffällige Kleidung. Ihre "Damenprogramme" wurden nicht gezeigt. Sie saßen selbst beim Begrüßungsbankett stumm dabei und hatten auch sonst weder vor noch nach der Reise etwas zu sagen. Ganz anders macht sich das Debüt der 50-jährigen Peng, die Chinas Medien inzwischen "First Lady" nennen.

Ihr Besuch bei den Waisen war dem CCTV-Staatsfernsehen einen eigenen Nachrichtenbeitrag wert. Medien wie die Beijing Times zitierten nicht nur, was sie sagte, sondern räumten ihren Auftritten eine ganze Seite ein. Die Zeitung fand heraus, dass die von Peng getragene Handtasche eine einheimische Marke und bereits ausverkauft sei. Die Global Times schrieb am Montag von der neuen Antriebskraft für Pekings Softpower, eine First Lady, die dem Image des Landes weltweit einen positiven Drive geben könnte. Manche Blogger nannten sie gar "unsere Antwort auf Michelle Obama".

Vorerst treibt sie ihre Landsleute in China um. Die Armeesängerin im Ehrenrang eines Generalmajors stellte ihren Mann, mit dem sie seit 1987 verheiratet ist - immerhin den Oberbefehlshaber aller Truppen - in den Schatten. Die Nation war hin und weg. "Stilvoll, wie es einer Großmacht geziemt", titelte etwa die Beijing Times. Die China Daily gewann dem Debüt am Freitag Modenschaucharakter ab: Sie beschrieb, wie die beiden nebeneinander gingen, in "dunklen Mänteln, aufgehellt durch den hellblauen Schal von Frau Peng".

Werbung für Chinas Mode

Den Blogs und Mikroblogs im Internet entging keines der wechselnden Outfits der First Lady. Einmal trat sie in einem beigen doppelreihigen Kostüm mit chinesischer Bluse auf, dann in einer Anzugsjacke nach klassischer Tradition mit einem blauweißen Muster. Beim Weiterflug nach Tansania trug sie ein weißes Kostüm mit einem türkisfarbenen Seidenschal, beim Treffen mit dem tansanischen Präsidenten Jakaya Kikwete ein gemustertes Gewand mit besticktem lila Seidenschal.

Die seriöse China Times widmete "aus aktuellem Anlass" eine ganze Seite dem Sonderthema "Diyifuren de shishang" (First-Lady-Mode) mit Fotos von Superstars am politischen Firmament wie Michelle Obama oder Carla Bruni-Sarkozy. Die renommierte China Business News entdeckte sie als Werbeträgerin für "Made-in-China-Edelmode".

Russland war die erste Station auf der Auslandsreise, die Xi und Peng in drei Länder Afrikas und zur Schwellenländerkonferenz der Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) im südafrikanischen Durban führt. Die Begeisterung über die gute Figur, die sie mache, habe mehrere Gründe, schrieb die Beijing News: Ihr gelungener Auftritt sei ein "Plus für Außenpolitik, für ihren Gatten und verringert die Widersprüche".

Das Debüt von Frau Peng lenkte zumindest in China davon ab, dass ihr Mann aus Moskau mit leeren Händen nach Afrika abfuhr. Er hatte weder den erwarteten Deal über Öl und Gas im Koffer, noch nahm er neue Handels- und Investitionsabschlüsse mit.

Seit 1982, als sie zum ersten Mal bei Chinas jährlicher Fernsehgala zum Frühlingsfest auftrat, ist die Schlagersängerin Applaus gewohnt. Eine Statistenrolle passte schon damals nicht zu ihr.

Seit 2011 spielt sie als Botschafterin für die Weltgesundheitsorganisation WHO bereits eine international anerkannte soziale Rolle. Peng, die bisher in drei Dokumentarfilmen über den Umgang mit HIV-Infizierten und gegen die Stigmatisierung von Aids-Erkrankten mitwirkte, bricht mit der Tradition, dass die Frauen der höchsten Führer nicht öffentlich sichtbar sein dürfen.

Prominente "Vorgängerinnen"

Selbst Maos Frau Jiang Qing musste sich in den Anfangsjahren der Volksrepublik bis zur Kulturrevolution im Hintergrund halten. Dann mischte sie sich ein, half ihrem Mann, Millionen Rotgardisten aufzuputschen und grausame Verfolgungskampagnen gegen seine Gegner zu inszenieren. Drei Wochen nach dem Tod Maos wurde sie 1976 verhaftet und in einem Schauprozess als Anführerin der sogenannten linksradikalen Viererbande zum Tode auf Aufschub verurteilt, der in lebenslange Haft umgewandelt wurde. Die Mao-Witwe starb 1991 durch Selbstmord im Gefängnis.

Mit Peng erhält China nun eine First Lady, die in andere Fußstapfen treten will: die der legendären Staatsrepräsentantinnen des republikanischen China. Die Frau des 1925 verstorbenen Republikgründers Sun Yat-sen, Soong Qingling, wurde kurz vor ihrem Tod im Jahr 1981 sogar Ehrenpräsidentin der Volksrepublik China. Ihre Schwester Soong Meiling (1897-2003), jahrzehntelang Frau des von Mao geschlagenen und nach Taiwan geflüchteten Kuomintang-Präsidenten Chiang Kai-shek, eroberte einst als Chinas First Lady sogar die Herzen der US-Amerikaner. (Johnny Erling, DER STANDARD, 26.3.2013)