Inger (rechts) steht dem neuen Hubot der Familie (2. von rechts) skeptisch gegenüber. 

Foto: ARTE France / © Johan Paulin

Die Aufgabenpalette der hoch entwickelten Maschinen namens "Hubots" ist lang: putzen, kochen, den Kindern bei den Hausaufgaben helfen, zum Sport motivieren, an die Blutdrucktabletten erinnern oder auch für sexuelle Dienste  zur  Verfügung stehen. Sie sehen nicht nur wie Menschen aus und können alles, was Menschen können, sie können es sogar um Längen besser. Sie sind geduldiger, verständnisvoller, umsichtiger, und das Wichtigste: Sie haben keinen eigenen Willen. Zumindest denken das ihre BesitzerInnen, die echten Menschen.

Die kürzlich auf Arte angelaufene schwedische Serie "Real Humans - Echte Menschen" greift einen Topos auf, aus dem schon mehrmals und höchst erfolgreich Buch-, Serien- und Filmstoffe gestrickt wurden. Schon bei den   ReplikantInnen  aus "Blade Runner" und den VampirInnen der US-Serie "True Blood" wurden  ähnliche Fragen wie in "Real Humans" gestellt: Wie kann zwischen menschlichem Handeln eines Menschen und menschlichem Handeln einer Maschine unterschieden werden? Darf der Mensch allen anderen Wesen gegenüber, inklusive jener, die er selbst erschaffen hat, die Vorherrschaft beanspruchen und durchsetzen? Welche moralische Verantwortung tragen SchöpferInnen von künstlicher Intelligenz für erschaffene Wesen? Und was passiert, wenn sich Menschen in Roboter oder VampirInnen verlieben?

Sie sind überall

Diese offenen Fragen werden auch in "Real Humans" zu ausgewachsenen Problemen. Rogers Ehe war etwa schon ohne den Hubot seiner Frau nicht die liebevollste. Doch seit Roboter Rick in seiner Familie lebt, wird alles noch schlimmer. Er ist für Rogers Frau ein besserer  Zuhörer, der mit ihr das Fernsehprogramm ihrer Wahl genießt. Auch im Job ist Roger von humanoiden Maschinen umgeben. Roger reicht es, er hat genug von den Robotern, und tut dies auch mit einem Aufkleber  an seiner Haustür kund, der von seinem Bekenntnis zur Hubot-feindlichen Vereinigung  "Echte Menschen" zeugen soll.

Inger will mit den Androiden eigentlich auch nichts zu tun haben. Zumindest in ihrem Heim, das sie mit ihrem Mann Hans und ihren Kindern bewohnt. Ihr Vater wird allerdings schon seit langem vom Pflegeroboter Odi betreut. Als Odi aber den TÜV nicht mehr besteht und im Lebensmittelladen wegen eines Kurzschlusses ein Marmeladen-Massaker anrichtet, muss eine neue Heimhilfe für Opa her. Der für Hubots schon eher empfängliche Hans sucht schließlich im Hubot-Store eine aus, und der wenig vertrauenserweckende Hubot-Händler bietet ihm bei einem sofortigen Kauf zwei zum Preis von einem an. Viel Überredungskunst braucht es da nicht, auch Inger lässt sich schließlich überzeugen, Hubot Anita zumindest einmal zu testen.

Bekanntschaft mit Selbstbestimmung

Wer es nicht gewohnt ist, "dienstbare Geister" um sich zu haben, wird Ingers Unbehagen verstehen, wenn Anita still und pflichtbewusst vor sich hinarbeitet. Aber richtig mulmig wird Inger, als Freundinnen beginnen, mit ihren Hubots zu schlafen. Dabei weiß sie noch gar nicht, dass auch ihr Mann die Sex-Software für Anita nicht entsorgt hat, wie eigentlich zwischen den beiden aus Sorge um den gerade pubertierenden Sohn vereinbart, sondern sie sich selbst unter den Nagel gerissen hat. Sie weiß auch nicht, woher Anita eigentlich kommt, die ein neu aufgesetzter  Roboter ist, der schon Bekanntschaft mit Selbstbestimmung und richtigen Gefühlen gemacht hat. Und Ingers Unbehagen wäre auch weitaus größer, wenn sie wüsste, dass da bereits eine ganze Truppe solcher Hubots, ganz ohne BesitzerInnen, durch die Wälder streifen, die sich ganz und gar nicht als Kreaturen zweiter Klasse sehen. Von wegen kein eigener Wille.

In den ersten beiden Folgen hat "Real Humans - Echte Menschen" schon einmal fesselnd und klug an traditionelle Mensch/Maschine-Fragen angeschlossen und sie vor allem um die Dimension des politischen Selbstverständnisses erweitert. Wie wird die an einen Rassisten angelehnte Figur des Hubot-Hassers Roger mit der drohenden Selbstermächtigung der Maschinen umgehen? Und wie werden Liberale wie Inger auf Forderungen der Dienstleistungs-Roboter reagieren? Denn Inger ist zwar um Toleranz bemüht, aber als ihr eine Freundin vor der Liebschaft zu ihrem Hubot erzählt, kann sie ihren Ekel dann doch nur schwer verbergen. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 10.4.2013)