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Welche Töne angeschlagen worden wären, wenn Thatcher ein Mann gewesen wäre, wissen wir nicht. "Witch" aber bestimmt nicht.

Foto: ap/Sang Tan

Rein gar nichts habe sie dem Kampf um Frauenrechte zu verdanken, war sich Margaret Thatcher sicher. Das beruhte auf Gegenseitigkeit: Auch Feministinnen hatten Margaret Thatcher nichts zu verdanken. Thatcher glaubte nicht an strukturelle Benachteiligung, sondern an das Recht des Stärkeren, nicht an Solidarität, sondern an Individualismus. 

Dass politisch links Stehende bei Thatchers Ableben keine Loblieder auf ihre Politik singen, versteht sich also von selbst. Dass aber dieselben den Tod der 87-Jährigen mit sexistischen Diffamierungen geradezu feiern, ist auch angesichts ihres politischen Erbes letztklassig. Das Kinderlied "Ding, dong, die Hex' ist tot" hat es in die britischen Charts geschafft, und auch auf Twitter oder in Foren war "Die Hex' ist tot!" eine beliebte und nicht abreißen wollende Reaktion auf den Tod Thatchers. Einen Kropf hätte sie übrigens auch gehabt und auch außerhalb der digitalen Welt war man nicht um Worte verlegen. In England formierten sich spontan Jubelzüge, in denen Plakate mit dem Spruch "The Bitch is dead" freudestrahlend hochgehalten wurden. 

Es gäbe genügend inhaltliche Kritik

Der Hass auf eine radikalliberale Politik wird hier offenbar durch eine weibliche politische Repräsentantin nochmal besonders beflügelt. Welche Töne angeschlagen worden wären, wenn Thatcher ein Mann gewesen wäre, wissen wir nicht. Eines aber schon: Bestimmt nicht Hexe oder Bitch.

Dabei gäbe es doch beileibe genügend inhaltliche Kritik, die selbstverständlich auch am Todestag der PolitikerIn geäußert werden kann und soll: Seien es ihre Kürzungen von Sozialprogrammen, Streichung von Bildungsprogrammen für Frauen, Kürzungen beim Mutterschutz oder ihr brutales Vorgehen gegen streikende ArbeiterInnen. Der Ärger und die Wut über den Thatcherismus sind also nachvollziehbar. Hasserfüllte Beschimpfungen oder virtuelles Zuprosten auf den Tod von Margaret Thatcher nicht.

Kritik an solchen sexistischen Beschimpfungen und den Anspruch, auch Frauen zu allererst als politische Gegnerinnen zu betrachten – zumindest so viel hat also auch Margaret Thatcher posthum vom Feminismus. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 16.4.2013)