Emily Thorne (mitte) verbreitet in den Hamptons Unbehagen.

Foto: abc/Craig Sjodin

Geld spielt in den aktuellen Erfolgsserien nur mehr eine Nebenrolle. In neueren Serien wird es entweder zur Nebensache, weil es dank guter Jobs einfach da ist, wie bei den Fernsehärztinnen und -ärzten ("Grey's Anatomy") oder den Werbefachleuten ("Mad Men"). Oder weil gröbere Schwierigkeiten wie Krankheit ("Breaking Bad", "The Big C") das Begehren nach Luxus hinten anstellen.

Doch TV-Sozialisierte der 80er können sich an ein Serien-Erfolgsrezept noch lebhaft erinnern: Familien-Dynastien mit mehr Geld, als offenbar guttut. Egal ob "Dallas", "Denver Clan" oder "Falcon Crest": Die Anfangssequenzen zierten große Villen, teure Autos und riesige Ländereien. Und da waren natürlich auch gefährliche Ladys wie Angela Channing und Alexis Carrington, die den kühlen Blick ins Leere schweifen ließen und uns damit wissen ließen, dass wieder Pläne geschmiedet werden: Wer muss als Nächstes bestochen werden, aus der Familienfirma gedrängt oder als nicht leibliches Kind und somit unrechtmäßige Erbin enttarnt werden? Es gibt immer viel zu tun, wenn Reichtum vermehrt, Besitz verteidigt und das Reichsein an sich gelebt werden will.

Intrigenstadel der Überprivilegierten

Mit der US-Serie "Revenge" (derzeit montags auf ORF 1 zu sehen) kehrt der Intrigenstadel der Überprivilegierten zurück. Und wie damals umkreist die Kamera mehrmals pro Folge ein prächtiges Anwesen, diesmal auf den Hamptons. Es ist die Villa von Victoria Grayson und ihrer Familie, die in dieser Festung der Macht wohnt. Das Strandhaus der eben zugezogenen Emily Thorne steht gleich neben der Mordsvilla, was ihrem Haus eine gewisse Bescheidenheit verleiht. Gewiss ist aber auch ihr Strandhaus einige Millionen Dollar wert.

Und da stehen sie nun und werfen sich bedrohliche Blicke zu - die eine von ihrer Terrasse, die andere von einem ihrer geschätzten 85 Balkone aus. Denn wie könnte es anders sein: Hinter all dem Glanz steckt eine schmutzige Vergangenheit - und auch Gegenwart. Voller Korruption, Betrug, Illoyalität, Oberflächlichkeit und unterbelichteter rich kids, die es erstaunlicherweise doch an die Elite-Uni geschafft haben. Emily kennt diese Welt nur zu gut. Seit Jahren spioniert sie alles und jeden rund um die Familie Grayson aus, um Rache zu nehmen. Denn die von ihr fokussierte Truppe hat ihren geliebten Vater auf dem Gewissen, der im Gefängnis ermordet wurde. Dort saß er nur ein, weil Graysons und Konsorten ihn eines Verbrechens bezichtigt hatten, das er nicht begangen hat. Immer bestens vorbereitet zieht Racheengel Emily nun auf den Hamptons ihre Kreise, um einen nach dem anderen zu vernichten. In dieser Welt bedeutet dies, für seinen oder ihren finanziellen Ruin oder gesellschaftliche Ächtung zu sorgen.

Höchste Zeit für Nostalgie

Neben den derzeit sprießenden anspruchsvollen Serien war es höchste Zeit für so ein Kaliber. Jede Figur trieft nur so vor Klischees - vom verhältnismäßig mittellosen Barbesitzer mit Herz über die Party machenden ErbInnen bis hin zum skrupellosen Hedgefonds-Manager. Und auch das Setting erinnert an längst vergangene Tage des Fernsehens: protzige Autos, Charity-Veranstaltungen und Ehemänner, die ihren Gattinnen mit kaltem Blick einen Klunker um den Hals hängen.

Doch das Fernsehvergnügen bei "Revenge" besteht nicht nur aus reiner TV-Nostalgie. Emily und Victoria ringen höchst spannend um die Fäden, die das Treiben auf den Hamptons steuern. Ein Fest für alle, die mit Angela Channing und Co aufgewachsen sind. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 23.4.2013)