Foto: bionade gmbh, Ostheim/Rhön - montage diestandard.at

Aufblende: Nach einem erfolgreichen Auftritt und viel Applaus begibt sich eine glamouröse Drag Queen hinter die Bühne. Entledigt sich der Ohrringe, der Federboa, der Fake-Wimpern und falschen Fingernägel. Während sich der Bühnenstar abgeschminkt, hören wir eine männliche Stimme sagen: "Das Schöne an künstlichen Zusätzen: Man kann sie auch weglassen."

Was bleibt, ist ein "natürlicher", ein "echter" Mann – ganz ohne Make-up, Perücke und weiblichem Fummel. Er greift zu einer Flasche Cola. Nachdem er sein wahres Ich aus der Drag-Hülle geschält hat, kann der Bio-Mann nun guten Gewissens relaxen.

Korrekte Limo: bunt, offen, zuckerarm

Mit diesem TV-Spot, der seit letzter Woche deutschlandweit im Fernsehen läuft, wirbt der Öko-Getränkeproduzent Bionade für sein jüngstes Produkt, der "Bionade Cola". Bionade rühmt sich, "anders" zu erfrischen: Die Limonaden der bayrischen Firma, die 1995 aus einer Privatbrauerei hervorging und mittlerweile zur Radeberger Gruppe gehört, werden durch Fermentation biologisch hergestellt, alle Zutaten stammen aus ökologischem Anbau.

Als "korrekte" Alternative zu den traditionellen Brausegetränken der Großkonzerne positioniert sich Bionade zudem als Produkt für kosmopolitische Hipster: "Wir sind ein weltoffenes Unternehmen, das Vielfalt nicht nur schätzt – sondern die Welt in ihrer Buntheit mag und auch andere Sichtweisen unterstützt."

Shitstorm gegen transphobe Werbung

Mit der aktuellen Werbekampagne sind jedoch dunkle Wolken über das farbenfrohe Bionade-Land gezogen. "Der von Ihnen benutzte Gegensatz 'Natürlich' gegen 'Unnatürlich' ist die Basis von Transphobie", kritisieren KonsumentInnen auf der Facebook-Seite zur Marke, oder auch: "'Unnatürlich' ist ein Haupt-'Argument' gegen Homosexualität und gegen trans*-Menschen oder effiminierte Männer." Trans-Menschen werde so ihre Natürlichkeit abgesprochen.

Mittlerweile hat das Unternehmen reagiert und ein etwas verschwurbeltes Statement veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem: "Wir wissen, wo wir herkommen – und fühlen uns in den vielen alternativen Szenen wirklich zuhause. Deswegen liegt uns jede Art der Diskriminierung völlig fern (...) Und genau das soll unser Spot auch zeigen. Wir bewegen uns dort in einer bunten Varieté-Welt, in der ein Travestiekünstler glücklich und zufrieden nach einem Auftritt die Bühne verlässt. Der Claim, 'Das Schöne an künstlichen Zusätzen – man kann sie auch weglassen' lässt dabei die Wahl – und wertet doch nicht: Alles hat seine Zeit, jeder kann wählen, was für ihn wann das Richtige ist. Das gilt für den Travestiestar – ebenso wie für das Thema Cola. Wir sagen nicht: Nur das eine ist richtig, das andere falsch. Alles hat seine Zeit, wählt selbst."

Ob gerade die exotisierende Darstellung einer "wunderbaren glitzernden Welt" (O-Ton Bionade) ein Unternehmen befähigt, transphobe Diskriminierung und Stereotype anzugehen, darf allerdings bezweifelt werden. Oder wie es ein/e KritikerIn formuliert: "Das schöne an trans*feindlicher Werbung: Man kann das Produkt boykottieren." (viyu, dieStandard.at, 13.5.2013)