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Ein Aktivist verweist am Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie auf Hate-Crimes.

Foto: reuters/EDGARD GARRIDO

Die große Mehrheit der Lesben, Schwulen, bisexuellen und transidenten Personen (LGBT) in Europa hat Erfahrungen mit Diskriminierung, sowohl am als auch außerhalb des Arbeitsplatzes. Mehr als 25 Prozent wurden in den vergangenen fünf Jahren Opfer von Gewalt, und nur weniger als jedes fünfte Gewaltopfer hat Anzeige erstattet. Das sind die zentralen Ergebnissen einer großangelegten europaweiten Studie der EU-Grundrechteagentur (FRA), die zum Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie an diesem Freitag veröffentlicht wurde.

Die Umfrage unter 93.000 LGBT-Personen ergab: Zwei von drei Befragten verbargen oder verheimlichten in der Schule ihre sexuelle Identität. Mindestens 60 Prozent begegneten in der Schule einem homophoben Klima. Aber Ausgrenzung und Diffamierung hören nicht mit dem Ausstieg aus dem Schulsystem auf: 19 Prozent fühlen sich am Arbeitsplatz oder bei der Stellensuche diskriminiert.

Erfahrungen mit Gewalt

26 Prozent der LGBT-Personen wurden in den vergangenen fünf Jahren tätlich angegriffen oder waren Gewaltdrohungen ausgesetzt. 66 Prozent wagten es nicht, in der Öffentlichkeit die Hand ihrer Partnerin oder ihres Partners zu halten - bei Männern lag dieser Anteil sogar bei 75 Prozent. Am stärksten von Diskriminierung betroffen sind der Umfrage zufolge transidente Personen: 30 Prozent von ihnen gaben an, im Jahr vor der Umfrage mehr als dreimal Opfer von Gewalt oder Gewaltandrohung gewesen zu sein. Gleichzeitig stellten die WissenschaftlerInnen der Grundrechteagentur fest, dass Fälle von Hassverbrechen und Diskriminierung im Vergleich zu den genannten tätlichen An- und Übergriffen nur sehr selten gemeldet wurden.

Vivian Reding verurteilt Gewalt und Diskriminierung

EU-Kommissarin Viviane Reding zeigt sich ob der Ergebnisse besorgt und verurteilt Diskriminierung und Gewalt gegenüber LGBT-Personen: "Diskriminierung und Gewalt gegen Homosexuelle sind Verletzungen gegen die Menschenwürde und unvereinbar mit den europäischen Grundwerten", sagte die Justizkommissarin am Freitag auf der Konferenz zur Gleichstellung von Lesben und Schwulen in Den Haag. Aber auch Abgeordnete des Parlaments reagieren auf die erschreckenden Ergebnisse. Ulrike Lunacek, Vorsitzende der Grünen im Europaparlament fordert systematische Initiativen zum Kampf gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentitäten.

Auch der österreichische Homosexuellen-Aktivist Helmut Graupner meinte in einer ersten Reaktion, dass die österreichische Justiz bei der Sanktionierung homophober Gewalt versage. "Die Ergebnisse der Studie sind erschreckend", so Graupner. In Österreich schütze der Bund - anders als acht der neun Bundesländer in ihren Landesgesetzen - Lesben und Schwule nur am Arbeitsplatz, nicht aber außerhalb davon. Daher ist es in Österreich nach wie vor legal, LGBT-Personen zum Beispiel aus einem Lokal zu werfen oder sie einfach nicht zu bedienen (siehe aktuell "Lücke bei Diskriminierungsverbot bleibt offen").

"Wenigstens Gesetze wirksam vollziehen"

Angesichts der Ergebnisse fordert Graupner, homophobe Gewalt endlich als solche zu bekämpfen - derartige Hate-Crimes müssten als solche benannt und mit strengen Strafen belegt werden. Nicht nur der ungenügende Schutz sei erschreckend, so der Jurist, "noch erschreckender ist die verbreitete Unwilligkeit, wenigstens die vorhandenen Gesetze wirksam zu vollziehen". (eks, dieStandard.at, 17.5.2013)