Renée Lugschitz
Spanienkämpferinnen
Ausländische Frauen im Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939
LIT-Verlag 2012
216 Seiten, 19,90 Euro

Cover: LIT Verlag

Als die Wienerin Anny Edel im Herbst 1937 nach Spanien fährt, hat sie nur einen Wunsch: im antifaschistischen Kampf gegen Franco und seine Truppen zu helfen. Ihr Mann ist bereits vor Ort, als sie auf eigene Faust zu den Internationalen Brigaden aufbricht. Sie arbeitet im Bürgerkrieg in Krankenhäusern und Pflegeheimen und setzt wie tausende andere ausländische KämpferInnen für die Sache ihr Leben aufs Spiel. Später wird es heißen, sie habe nur ihren Mann begleitet.

Dass die Frauen bei den Brigaden genauso für ein politisches Ziel kämpften, wurde in den Kriegsberichten gerne ausgeblendet. "Sie wurden auf die Rolle der helfenden Hände am Krankenbett reduziert und, wenn überhaupt, zuerst als Frauen und erst dann als politische Aktivistinnen wahrgenommen. Den Krieg haben die Männer geführt. Doch ohne den Mut und den professionellen Einsatz der weiblichen Freiwilligen wäre der internationale Widerstand gegen Franco so nicht möglich gewesen", sagt Historikerin Renée Lugschitz.

Lebensgeschichten und Schicksale

In ihrem Buch "Spanienkämpferinnen" beleuchtet Lugschitz erstmals umfassend die Rolle der Ausländerinnen im Spanischen Bürgerkrieg und gibt Einblick in persönliche Schicksale und Lebensgeschichten. Rund 400 ausländische Frauen konnte sie in langjähriger Puzzlearbeit als Kämpferinnen bei den Internationalen Brigaden namentlich ausmachen, etwa 25 davon waren Österreicherinnen.

Die Aufgaben und Einsatzorte der Frauen im Bürgerkrieg waren vielfältig: Sie arbeiteten in den Krankenhäusern im Hinterland und als Sanitäterinnen an der Front, als Reporterinnen, Köchinnen, Sekretärinnen und Dolmetscherinnen, leisteten Öffentlichkeits- und Propagandaarbeit. Je mehr Sprachenkenntnisse, desto besser. Dabei waren sie von Anfang an nicht wirklich erwünscht und bewaffnete Kämpferinnen an der Front überhaupt verboten. "Die republikanische Regierung wollte sich ihres Kampfgeistes bedienen, nicht aber den Krieg mit Soldatinnen gewinnen", resümmiert Lugschitz. Jedoch: "Dass Frauen nicht die Waffe in die Hand nehmen durften, hieß keineswegs, dass sie aus der Schusslinie waren – als Krankenschwester umgekommen, ist auch tot."

Für eine bessere Welt

Viele Frauen, die in den Bürgerkrieg gingen, ließen dafür auch ihre Kinder in der Heimat zurück. Und hatten deshalb oft ein Leben lang Schuldgefühle. "Das ist aus heutiger Sicht schwer zu verstehen", sagt Lugschitz, "aber viele Freiwillige waren der festen Überzeugung, dass man nicht an die eigene Familie denken dürfe, wenn man die Kinder und Familien der ganzen Welt retten kann. Es mag heute naiv klingen, aber sie hatten den ehrlichen Wunsch, im Kampf gegen den Faschismus dazu beizutragen, die Welt zu verbessern."

Doch was mit großen Hoffnungen begann, endete im Desaster: Tausende InterbrigadistInnen starben bei den Kämpfen, am 1. April 1939 erklärte General Franco den Bürgerkrieg für beendet und sich selbst zum Diktator auf Lebenszeit. Für die ausländischen Freiwilligen begann damit eine Zeit des Terrors. Viele von ihnen konnten aus politischen Gründen nicht in ihre Heimat zurück. Die meisten von ihnen wurden nach ihrem Abzug aus Spanien in französische Lager gesperrt. Viele Deutsche und ÖsterreicherInnen wurden an die Gestapo ausgeliefert und starben später in Konzentrationslagern.

Verfolgt, auch in der Heimat

Doch auch viele, die in ihre Heimatländer zurückkehrten, waren der Verfolgung ausgesetzt. Da Russland das einzige Land war, das die Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg maßgeblich unterstützt hatte, waren die Internationalen Brigaden weitgehend in kommunistischer Hand gewesen. Aber selbst treue ParteianhängerInnen, die in Spanien gekämpft hatten, waren der kommunistischen Spitze nach 1939 ein Dorn im Auge: "In allen Ländern des Ostblocks wurden ehemalige Spanienkämpfer und -kämpferinnen über viele Jahre verfolgt", beschreibt Renée Lugschitz. "Sie hatten mehr von der Welt gesehen, als den Sowjets recht war, sie hatten Kontakt mit Nicht-Kommunisten gehabt, und sie lieferten so jeden beliebigen Vorwand, um sie als abschreckende Beispiele, als vermeintliche Spione und Feinde des Kommunismus einsperren und umbringen zu lassen."

"Die schönste Zeit meines Lebens"

Trotz alledem beschreiben die meisten Spanienkämpferinnen ihre Zeit bei den Brigaden später in Berichten und Interviews als "die schönste Zeit meines Lebens" oder "die einzige Zeit, in der mich die Menschen respektierten, für das, was ich war und für das, was ich tun konnte". Nie wieder hätten sie sich so gebraucht gefühlt, wären sie so überzeugt gewesen, das Richtige zu tun und selbst an einer besseren Zukunft mitarbeiten zu können, schreibt Lugschitz.

"Sie waren trotz Niederlage sicher, auf der richtigen Seite der Geschichte gestanden zu sein", so die Historikerin. "Auch männlichen Spanienkämpfern war der Krieg gegen die Franquisten lebenslang eine wichtige Erinnerung. Doch für die Frauen war es noch mehr. Bei aller Kontrolle durch Kommunisten und Kollegen konnten sie doch sowohl professionell als auch privat selbstständiger und unabhängiger handeln, als es unter anderen Umständen möglich gewesen wäre." (Isabella Lechner, dieStandard.at, 6.6.2013)