Bukarest - Mehrere Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International und ActiveWatch, haben ihre Besorgnis über die jüngsten Initiativen rund um die Verfassungsreform in Rumänien geäußert. Sie orten einen potenziellen Demokratieverlust und "gravierende Folgen für die Bürgerrechte". Insgesamt zehn Nichtregierungsorganisationen kritisierten zudem am Donnerstag die "intransparente und überstürzte" Arbeitsweise der Verfassungskommission in einem Offenen Brief an deren Vorsitzenden Crin Antonescu.

Umfassenderes Familien-Konzept

Amnesty-International-Experte Marco Perolini befürchtet, dass die Definition der Familie als Eheschließung zwischen Mann und Frau, welche die Verfassungskommission kürzlich als neu einzuführenden Verfassungsartikel bewilligte, zur Diskriminierung homosexueller oder nicht verheirateter Paare führen könnte. "Die Menschenrechte, einschließlich der Familiengründung (...) müssen ohne jede Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität eingehalten werden", so Perolini, der betonte, dass das Konzept der Familie gemäß der internationalen Rechtsauffassung umfassender sei als die Eheschließung. Der derzeitige Text der rumänischen Verfassung spricht von "Ehepartnern". Dies soll nun durch "Mann und Frau" ersetzt werden.

Strengere Strafen für "Mediendelikte"

Im Schreiben wird u.a. beanstandet, dass das Recht der Eltern, über die religiöse Erziehung ihrer Kinder frei zu entscheiden, trotz entsprechender Vorschläge seitens der Zivilgesellschaft keine verfassungsrechtliche Verankerung finden soll. Zudem stellten die geplanten, strengeren Strafen für sogenannte "Mediendelikte" eine Einschränkung der Meinungsfreiheit dar. Auch die Vorschläge bezüglich des Grundrechts auf gute Regierungsführung und die Stärkung der Institution des Volksanwalts seien von der Kommission nicht berücksichtigt worden.

Die AktivistInnen fordern zudem einen "realen Dialog" statt Arbeit "hinter verschlossenen Türen"; die Kommission habe zahlreiche Vorschläge der Zivilgesellschaft ignoriert. Die NGOs drohten mit Kampagnen zum Boykott der Volksbefragung über die Verfassungsänderungen.(APA, 7.6.2013)