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Der Wunsch nach Kinderbetreuung und Beteiligung am Familienleben ist da, doch mit der Beteiligung an der nötigen Familienarbeit sieht es nach wie vor schlecht aus.

Foto: apa/Patrick Pleul

Vieles ist noch immer beim Alten. Diesen Schluss lassen die Ergebnisse einer großangelegten EU-Studie zu, die sich mit der "Rolle der Männer in der Geschlechtergleichstellung"  befasste. Die Studie wurde Anfang Juni von der Europäischen Kommission präsentiert, durchgeführt wurde sie in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten, der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.

Für die Erforschung der Rolle der Männer im Gleichstellungsprozess in Österreich waren das ABZ Austria, das Forschungsbüro des Vereins für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark und das L&R Institut für Sozialforschung im Einsatz. Während die Themenbereiche Vereinbarkeit, Familienarbeit und politischer Einsatz für Gleichstellung ansonsten vorwiegend an den Lebensrealitäten von  Frauen abgearbeitet werden, erforschte die Studie, inwieweit Männer sich aufgrund veränderter Bedingungen und Möglichkeiten neu positionieren.

Männer und emanzipatorische Politik                      

Mit einer aktiven politischen Beteiligung am Gleichstellungsprozess von Männern sieht es in Österreich, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern, schlecht aus. Dieser Mangel an Pro-feministischen Männerinitiativen habe unter anderem den Effekt, dass sich Männer vorwiegend rund um spezielle "Männerthemen" wie zum Beispiel Väterrechte organisieren, so die Studie. Diese politischen Aktivitäten würden allerdings das Risiko bergen, "feministische Leitideen in Richtung Geschlechtergerechtigkeit  zu untergraben". In ihren Empfehlungen regen die StudienautorInnen für das Feld der Gleichstellungspolitik unter anderem an, den Austausch zwischen feministischer Theorie  und kritischer Männerforschung zu stärken. So könnte "verkürzten Denkmustern von 'Männern' und 'Frauen' als jeweils homogene Gruppe in der Gleichstellungspolitik" entgegengewirkt werden.

Männer und Arbeitsweilt  

Die Arbeitsplätze in männerdominierten Bereichen werden weniger, während die Jobmöglichkeiten im "weiblich" besetzten Dienstleistungssektor wachsen. Dass der Anteil der Männer in diesen Berufen zwischen 2000 und 2010 trotzdem von 17,6 Prozent nochmals auf 14,6 Prozent sank, verdankt sich einer Entwicklung im Pflegebereich, erklärt Elli Scambor von der Forschungsstelle der Männerberatung Graz. In dieser Zeit wurde etwa die 24-Studen-Pflege reguliert und somit in den offiziellen Bereich gehoben, wodurch die bisher nicht sichtbaren Tätigkeiten von Frauen anstiegen - die Zahlen über den Rückgang der Beteiligung der Männer in diesen Berufen sind somit keine absoluten.

Während Männer in diesen Berufsbereichen dennoch stark unterrepräsentiert sind, gibt es zumindest bei der allgemeinen Zufriedenheit mit der Arbeitssituation eine zunehmende Annäherung: Diese wird EU-weit mehr und mehr von Männern und Frauen dann positiv bewertet, wenn eine Vereinbarkeit mit Familie und anderen Verpflichtungen gegeben ist.

Männer und unbezahlte Arbeit

Obwohl der Wunsch von Männern nach Kinderbetreuung und Beteiligung am Familienleben offenkundig wird, sieht es mit der Beteiligung an der nötigen Familienarbeit nach wie vor schlecht aus. In Österreich liegt die Männerbeteiligung an der Hausarbeit nur bei 15 Prozent, in skandinavischen Ländern ist sie doppelt so hoch. Bei der Kinderbetreuung ist Österreich ebenso noch weit von Halbe-halbe entfernt: Weniger als 30 Prozent der Väter übernehmen Kinderbetreuungsaufgaben. Hierbei spielen auch bestimmte Normen und Überzeugungen eine Rolle. Erwartungsgemäß beteiligen sich Männer mit gleichstellungspolitischen Überzeugungen eher an Hausarbeit und Kinderbetreuung.

Keine einheitlichen Gruppen

Als ein zentrales Ergebnis hält die Studie fest, dass letztlich alle europäischen Staaten von geschlechtergerechten Verhältnissen noch weit entfernt sind, obwohl in den verschiedensten Bereichen klare Differenzen zwischen den Staaten auszumachen sind. Während sich in nordeuropäischen Staaten immer mehr Männer aktiv an der Gleichstellungspolitik beteiligen und unbezahlte Arbeit leisten, hinkt Österreich bei diesen Entwicklungen nach.

Dies ist auch zum Nachteil der Männer. "Einige profitieren von den ungleichen Machtverhältnissen, andere sind in hohem Maße von Nachteilen betroffen", meint Nadja Bergmann, Soziologin am  L&R Institut für Sozialforschung. In diesem Sinne wäre es wichtig, Männer und Frauen nicht als einheitliche Gruppen zu verstehen. Elli Scambor: "Soziale Merkmale wie Bildung, sozialer Status und Migrationshintergrund sorgen in der Regel für größere Unterschiede innerhalb der Geschlechter als zwischen ihnen." (red, dieStandard.at, 7.6.2013)