Bild nicht mehr verfügbar.

Unternehmerinnen sind mit der Qualität der Kinderbetreuung größtenteils zufrieden. Was ihnen nicht gefällt, sind die geringen Öffnungszeiten.

Foto: REUTERS/KAI PFAFFENBACH

Das derzeitige Kinderbetreuungsnetz in Österreich ist nicht dafür geeignet, dass beide Elternteile Vollzeit arbeiten können. Eine Studie der Abteilung "Frau in der Wirtschaft" der Wirtschaftskammer Österreich zeigt, dass vor allem die Öffnungszeiten einer umfassenden Erwerbstätigkeit von Müttern im Weg stehen.

Österreich verfehlt Barcelona-Ziele bei weitem

Vorsitzende Adelheid Fürntrath-Moretti appellierte am Dienstag, in der kommenden Regierungsperiode verstärkt in Kinderbetreuung zu investieren. Mit einer Betreuungsquote von 19,7 Prozent bei Kindern unter drei Jahren verfehle Österreich auch im Jahr 2013 die Barcelona-Ziele der EU (33 Prozent) bei weitem, so Fürntrath-Moretti.

Allerdings variiert die Zahl je nach Bundesland deutlich: Wien ist bisher das einzige Bundesland, deren Betreuungsquote bei 33,2 Prozent bei den Unter-Dreijährigen liegt, die Steiermark liegt mit 10 Prozent am unteren Ende der Skala. Ländliche Gebiete wie Tirol und Vorarlberg liegen mit 18 beziehungsweise 17,3 Prozent im guten Mittelfeld und sogar weiter vorne als zum Beispiel Oberösterreich (11,2).

Öffnungszeiten zu kurz und unflexibel

Eine Studie, die das Institut für Familienforschung für die Interessensvertretung durchgeführt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem bei den unter Eineinhalbjährigen große Versorgungslücken bestehen. Und ganz grundsätzlich lassen die Öffnungszeiten der Einrichtungen zu wünschen übrig. Nur zwei Drittel (64,2 Prozent) der Krippen für unter Dreijährige in Österreich haben bis mindestens 16.00 Uhr geöffnet und rund 80 Prozent der Einrichtungen sind um 18.00 Uhr geschlossen. Ein untragbarer Zustand für Fürntrath-Moretti: "Wir hören immer von der 'Teilzeit-Falle', aber sogar, wenn ein Elternteil einer qualifizierten Teilzeitbeschäftigung mit mehr als 20 Stunden nachgehen will, ist das inklusive Fahrtzeit unmöglich, wenn die Betreuungseinrichtung um 13 oder 14 Uhr schließt."

Lange Schließzeiten

Ein weiteres Problem, das einer umfassenden Berufstätigkeit mit Kleinkindern im Weg steht: die langen Ferienzeiten in vielen Einrichtungen. Zehn Prozent aller Krippen haben zumindest zehn Schließwochen pro Jahr, bei 25 Prozent sind es immerhin noch fünf Wochen und ein Drittel hat vier Wochen im Jahr geschlossen. Wolfgang Mazal vom Institut für Familienforschung dazu: "Das geht eindeutig an der Alltagsrealität der österreichischen Familien mit durchschnittlich fünf Wochen Jahresurlaubs-Anspruch pro Elternteil vorbei."

UnternehmerInnen mit Qualität der Betreuung zufrieden

Bei der Befragung von über 2.500 Unternehmerinnen mit Kindern stellte sich heraus, dass das größte Problem bei der Suche nach Kinderbetreuung die fehlenden Plätze sind. Gleich anschließend kritisieren die Unternehmerinnen die unpassenden Öffnungszeiten. Insgesamt zeigte sich, dass die Befragten in punkto Qualifikation der BetreuerInnen, Betreuungsschlüssel und Qualität des Essens durchaus zufrieden waren (sowohl in der Krippe als auch bei den Tagesmüttern), während die täglichen Schließungszeiten, die mangelnde flexible Nutzbarkeit, die Kosten sowie die Ferienzeiten in den Einrichtungen auf Kritik stießen.

Auf Basis der Studienergebnisse hat "Frau in der Wirtschaft" einen Forderungskatalog an die kommende Regierung entwickelt: Neben der Umsetzung der Barcelona-Ziele in ganz Österreich mit besonderem Schwerpunkt auf den Ausbau in ländlichen Gebieten, fordert die Interessensvertretung, dass die Schließzeiten  auf drei Wochen pro Jahr gedeckelt und die Öffnungszeiten auf mindestens 50 Stunden pro Woche ausgeweitet werden.

Eine Ausweitung der Öffnungszeiten auf das Wochenende und über Nacht (immerhin mehr als ein Drittel der Unternehmerinnen muss auch am Wochenende arbeiten) kann sich Fürntrath-Moretti allerdings nicht vorstellen: "Auf institutioneller Ebene können wir uns das derzeit nicht leisten". Stattdessen soll die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten von zehn auf 14 Jahre ausgeweitet werden, um individuelle Betreuungslösungen zu ermöglichen.

Transparentes Anmeldeverfahren

Wichtiges Ziel sei außerdem, Eltern die Betreuung des Kindes in der Nähe des Arbeitsortes zu erleichtern - dies erfordere allerdings eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden. Von besonderem Interesse müsse außerdem ein transparentes System bei den Aufnahmeverfahren sein: "Viele Mütter klagen über undurchschaubare Anmeldeverfahren und viel zu lange Wartezeiten bis zur endgültigen Entscheidung", kritisiert Fürntrath-Moretti. Eine öffentlich einsehbare Datenbank solle Informationen über freie Plätze für alle zur Verfügung stellen.

Zur Verbesserung der Qualitätsstandards fordert "Frau in der Wirtschaft" zusätzlich die Schaffung einer ExpertInnen-Gruppe, die länderübergreifende Qualitätsstandards bei der "frühkindlichen Förderung" erarbeitet. "Jeder in die frühkindliche Förderung investierte Euro bringt langfristig den achtfachen Nutzen", hieß es von Seiten der Unternehmerinnen-Vertretung. Zudem fordert sie - wie viele andere Gruppen - eine Vereinheitlichung der Mindeststandards in Sachen Qualität und Organisation. Um all diese Maßnahmen zu verwirklichen, bedürfe es in erster Linie eines "politischen Willens", so Fürntrath-Moretti, die sich nicht auf konkrete Finanzierungsmodelle festlegen wollte. (freu, dieStandard.at, 11.6.2013)