Moskau - Wer im Beisein von Kindern über Homosexualität spricht, riskiert in Russland künftig hohe Geldstrafen. Die Staatsduma in Moskau nahm ein international kritisiertes Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" am Dienstag bei nur einer Enthaltung an. BürgerrechtlerInnen kritisieren, das Gesetz schüre den Hass gegen Schwule, Lesben und Transsexuelle. Zudem stimmte das Parlament dafür, "Gotteslästerer" mit bis zu drei Jahren Haft zu bestrafen. Beide umstrittenen Gesetze gelten als Zugeständnis an die einflussreiche Kirche, eine wichtige Machtstütze von Kremlchef Wladimir Putin.

Neue Gesetze bringen Zivilgesellschaft weiter unter Druck

Mit dem Vorgehen gegen Blasphemie reagiert Russland auf den Protest der Band Pussy Riot gegen Putin in der wichtigsten orthodoxen Kathedrale im Februar 2012. Zwei Frauen hatten daraufhin Haftstrafen wegen "Rowdytums aus religiösem Hass" erhalten - diese Anklage war als Notkonstruktion kritisiert worden. RegierungsgegnerInnen fürchten, dass der Kreml die Novelle für weiteren Druck auf die Zivilgesellschaft missbraucht.

Bei Protesten von GegnerInnen und AnhängerInnen des Gesetzes vor der Staatsduma nahm die Moskauer Polizei mindestens 20 Menschen fest.

Gesetz sei "Schritt zurück ins Mittelalter"

Das Verbot könne zu "menschlichen Opfern und menschlichen Tragödien" führen, sagte der Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin der Agentur Interfax. Die prominente Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa sprach von einem "Schritt zurück ins Mittelalter". Die Aufklärung über HIV werde deutlich erschwert, kritisieren Experten.

Als Höchststrafe drohen umgerechnet bis zu 25 000 Euro Geldbuße. Medien, die über Homosexualität berichten, können für drei Monate geschlossen werden.

Zwei Hassverbrechen in jüngster Zeit

In den vergangenen Wochen waren mindestens zwei Männer in Russland aus Schwulenhass brutal ermordet worden. Aktivisten machten das neue Gesetz, das noch von Putin unterzeichnet werden muss, für die homosexuellen-feindliche Atmosphäre mit verantwortlich. (APA, 11.6.2013)