Brüssel - In einer möglicherweise wegweisenden Abstimmung hat das Europaparlament am Dienstag drei Pharmazeutika als potenzielle Gefahr für die Reinheit von Gewässern eingestuft. Mit überwältigender Mehrheit votierten die EU-Abgeordneten in Straßburg für einen Gesetzesentwurf, das erstmals auch Arzneimittel auf eine "Beobachtungsliste" möglicher Wasser-Schadstoffe aufnimmt. Es handelt sich um die in Verhütungsmitteln enthaltenen Arzneistoffe 17-alpha-Ethinylöstradiol und 17-beta-Östradiol sowie das Hustenmittel Diclofenac.

"Wir betreten damit legistisches Neuland", sagte der zuständige Berichterstatter im Europaparlament, der ÖVP-Mandatar Richard Seeber, vor JournalistInnen. Er wies darauf hin, dass in dicht besiedelten Gebieten bis zu 100 Arzneistoffe in Gewässern nachgewiesen worden seien. Sie kommen mit dem Harn der PatientInnen bzw. Benutzerinnen der Anti-Baby-Pille ins Abwasser. Allerdings sei das EU-Parlament dem ursprünglichen Plan der Europäischen Kommission, die angeführten drei Arzneimittel als Schadstoffe einzustufen, nicht gefolgt. "Es kann nicht sein, dass über die Gewässerpolitik in die Gesundheitspolitik eingegriffen wird", sagte er mit Blick auf ein sich aus einer solchen Einstufung möglicherweise ergebendes Verbot dieser weitverbreiteten Stoffe.

Hormone im Wasser verändern Flora und Fauna

Die SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach wies darauf hin, dass das Herausfiltern von Pharmazeutika aus dem Wasser hohe Investitionen in Kläranlagen notwendig machen würde. Daher sollen zunächst weitere Erkenntnisse über die tatsächliche Schädlichkeit der drei Wirkstoffe gesammelt werden. Bisherigen Berichten zufolge kam es durch Rückstände hormoneller Verhütungsmittel zur Veränderung der Flora und Fauna in Gewässern. Kadenbach verwies auf die Beobachtung des durch viele Agglomerationen führenden Rheins.

Die Situation werde nun die nächsten vier Jahre beobachtet, ehe über Einstufung der Arzneimittel als gesundheitsgefährdend entschieden wird. Kadenbach wies darauf hin, dass ein Verbot der drei Arzneimittel nicht praktikabel sei, da sie weitverbreitet seien.

Nach dem am Dienstag beschlossenen Gesetz, dem eine politische Einigung zwischen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten vorausgegangen war, wird die Zahl der sogenannten "prioritären Stoffe" von 33 auf 48 erhöht. Die Emissionen von acht besonders gefährlichen Stoffen muss über einen Zeitraum von 20 Jahren völlig gestoppt werden. BZÖ-Europaabgeordneter Ewald Stadler merkte jedoch in der Plenardebatte kritisch an, dass schon die bestehenden EU-Rechtsakte zum Wasserschutz nicht eingehalten werden. (APA, 3.7.2013)