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"Mein Bauch gehört mir": Ein inzwischen in die Jahre gekommener Klassiker feministischer Forderungen. An Aktualität hat diese Forderung nichts eingebüßt.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Eine Wiener Ärztin soll in ihrer Praxis jahrelang Schwangerschaftsabbrüche zum Billigtarif angeboten haben. Sieben Frauen hätten dabei nachweisliche Verletzungen erlitten - die Dunkelziffer wird laut Ärztekammer noch weit höher geschätzt. Nein, das ist keine Rückblende in die 1960er oder 1970er Jahre, in jene Zeit also, in der es die Fristenregelung in Österreich noch nicht gab. Die Nachricht datiert mit Juli 2013.

Im Europavergleich hat Österreich eines der liberalsten Abtreibungsgesetze. Schwangerschaftsabbrüche sind im Strafgesetzbuch geregelt und bei Einhaltung bestimmter Auflagen straffrei gestellt. Die Frau muss den Abbruch innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate vornehmen lassen und sich einer ärztlichen Beratung unterziehen. So viel zum theoretischen Teil der Abbruchspolitik in Österreich.

Der Abbruch als eine Frage des Geldes

Die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch liegen in Österreich zwischen 280 und mehr als 1.000 Euro. Der niedrigere Preis wird in öffentlichen Spitälern verlangt. Aber nicht jedes öffentliche Krankenhaus bietet auch Abbrüche an. Selbst in Wien, wo es die meisten öffentlichen Institute für Abbrüche - nämlich vier - gibt, werden Frauen bei telefonischen Anfragen darauf verwiesen, dass Abbruch-Termine lediglich einmal im Monat angeboten werden. Für eine ungewollt schwangere Frau aber sind vier Wochen eine lange Zeit.

In den westlichen Bundesländern Tirol und Vorarlberg sowie im Burgenland gibt es kein einziges öffentliches Krankenhaus, das Frauen Zugang zum Abbruch ermöglicht. Sie fahren entweder in andere Bundesländer oder ins Ausland, oder sie konsultieren ein privates Institut. Dort gelten die Regeln des Marktes: In Wien kann frau etwa ab 500 Euro einen privaten Abbruch durchführen lassen, in Tirol findet die ungewollt Schwangere keine Möglichkeit unter 1.000 Euro.

Ein Vorstoß, der eigentlich keiner ist

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) unternahm in dieser Legislaturperiode einen "Vorstoß", der eigentlich keiner ist. Stöger forderte öffentliche Krankenhäuser im Westen des Landes auf, ihre Pforten für Schwangerschaftsabbrüche zu öffnen, ansonsten gäbe es kein Geld für die jeweiligen gynäkologischen Abteilungen. Geschehen ist freilich nichts, weil sich die Volkspartei im Westen seit Jahrzehnten vehement dagegen wehrt.

Es herrscht Mauern und Stillschweigen. Ein politisches Bekenntnis zum Recht auf Schwangerschaftsabbrüche fehlt in Österreich weitgehend. Seit Inkrafttreten der Fristenregelung hat sich weder gesellschaftspolitisch noch juristisch etwas bewegt - auch die Haltung der Gesellschaft gegenüber ungewollt Schwangeren stagniert.

Blick über Tellerränder wagen

Wie es gehen könnte, zeigt ein Blick nach Kanada. Seit 25 Jahren herrscht dort reproduktive Freiheit für Frauen. Die Abtreibung endlich aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, muss für Österreichs PolitikerInnen der erste Schritt sein. Sollten sie das Selbstbestimmungsrecht und die Gesundheit von Frauen als politischen Auftrag verstehen, müssen flächendeckend moderne Kliniken mit modernen Mitteln dafür zur Verfügung stehen, und das nicht bloß einmal im Monat.

Missstände wie Verletzungen der Gebärmutter durch Schwangerschaftsabbrüche gibt es immer dort, wo Abtreibungsrechte entweder gar nicht bestehen, das Gesetz restriktiv geregelt ist oder - wie im Falle Österreichs - der Abbruch straffrei, aber zu einer Frage des Geldes geworden ist. (Sandra Ernst Kaiser, dieStandard.at, 12.7.2013)