Für die Medienbranche in der EU gilt: Je höher die Positionen, desto weniger Frauen sind dort anzutreffen.

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Die Präsenz von Frauen (40 Prozent) und Männern (60 Prozent) im Mediensektor in den EU-Mitgliedsstaaten gleicht sich immer mehr aus. Nimmt man allerdings die prestigeträchtigen Positionen in den Blick, in denen wichtige Entscheidungen getroffen werden, verschiebt sich das Geschlechterverhältnis deutlich.

Das Europäische Institut für Gendergerechtigkeit (EIGE) konnte nun zum ersten Mal vergleichbare Daten darüber veröffentlichen, wie sich das Geschlechterverhältnis auf den verschieden Ebenen der Medien-Branche gestaltet. Der Report "Advancing gender equality in decision-making in media organisations" zeigt: Frauen sind in den Mitgliedstaaten im Medienbereich in Positionen mit einem hohen Gestaltungsspielraum stark unterrepräsentiert.

Differenz zwischen Öffentlich und Privat

Quer durch alle Management-Ebenen besetzen 32 Prozent der Positionen Frauen. Doch je höher die Position wird, desto weniger Frauen sind dort anzutreffen. Unter den Führungskräften sind nur 16 Prozent Frauen und 84 Prozent Männer.

Eine deutliche Differenz zeigt sich auch zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien. In Letzteren sind nur 12 Prozent Frauen in Positionen, in denen strategische Entscheidungen getroffen werden, in öffentlich-rechtlichen Medien sind es 22 Prozent. An dieser hartnäckigen männlichen Dominanz konnte bislang auch der höhere Ausbildungsgrad der Frauen nichts ändern: 68 Prozent der Frauen im Mediensektor sind Akademikerinnen, aber nur 32 Prozent der Männer haben einen Hochschulabschluss.

Dieses Verhältnis zu ändern ist laut dem Bericht nicht vielen Medienunternehmen ein Anliegen. Die Untersuchung zeigt, dass nur ein Viertel der Medienhäuser konkrete Pläne zur Umsetzung von Gendergerechtigkeit, Verhaltenskodizes oder Diversity-Maßnahmen verfolgen. 16 Prozent haben ein Komitee, das für Gleichstellungsmaßnahmen verantwortlich ist, 14 Prozent Gleichstellungsbeauftragte und neun Prozent eine Abteilung für Gleichstellung beziehungsweise Diversity. Generell ergreifen öffentlich-rechtliche Medien eher Gleichstellungsmaßnahmen als private.

Maßnahmen bedeuten Verbesserung

Wenig überraschend ist, dass Unternehmen, die Gleichstellungsmaßnahmen verfolgen und diese auch evaluieren, einen höheren Anteil an Frauen in wichtigen Funktionen haben.

Ähnlich sieht das Bild in Aufsichtsräten von Medienunternehmen aus: In den EU-Mitgliedsstaaten sind 25 Prozent Frauen in Aufsichtsräten vertreten. Etwas mehr Präsenz haben sie in öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen mit 29 Prozent, während es in privaten nur 21 Prozent sind.

Das EIGE gibt angesichts dieses Verhältnisses zu bedenken,  dass Medien eine wesentliche Rolle in der Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit spielen. Sie würden soziokulturelle Muster nicht nur abbilden, sondern diese auch gestalten, und seien damit ein mächtiger Akteur, der die öffentliche Meinung beeinflusse. Daher seien gerade in diesem Bereich Veränderungen besonders wichtig.

"Mehr soziale Gerechtigkeit"

Virginija Langbakk, Direktorin des EIGE: "Eine höher Zahl an Frauen in wichtigen Positionen würde dem Bereich mehr soziale Gerechtigkeit, besseren Einsatz von Kompetenzen und innovativere Entscheidungen bringen."

Um ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis zu fördern, empfiehlt das EIGE unter anderem die Finanzierung von entsprechenden Organisationen oder Plattformen, die funktionierende Maßnahmen zur Förderung von Frauen im Medienbereich vernetzen und fördern. Auch sollten nationale Aktionspläne für Gendergerechtigkeit auf den Medienbereich ausgedehnt werden. (red, dieStandard.at, 18.7.2013)