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Ingrid Moritz: Der Zeitraum, wie lange ein Vater zu Hause bleibt, ist oft ausschlaggebend für die Arbeitsteilung nach dem Kranzanspruch.

Foto: apa/Arno Burgi

Mehr Väter in die Kinderbetreuung ist ein zentrales familien- und frauenpolitisches Ziel. Wie weit es allerdings mit der sogenannten Väterbeteiligung, mit der die Zahlen über die Bezieher von Kinderbetreuungsgeld (KBG) gemeint sind, gediehen ist - darüber scheiden sich die Geister.

Während die Frauenministerin kontinuierlich von mageren fünf Prozent Kindergeldbezieher spricht, verkündet das Familienministerium eine Väterbeteiligung von bis zu  30 Prozent. Wie kommt es zu diesen stark differierenden Zahlen?

Knapp fünf Prozent erhält man auf Basis einer monatlichen Statistik: In dieser wird erhoben, wie  viele Väter im jeweiligen Monat eine der fünf Kindergeldvarianten beziehen – der Jahresschnitt ergibt beispielsweise für 2011 4,6 Prozent. Weit größer ist die Zahl der Väterbeteiligung, wenn jeder abgeschlossene Kinderbetreuungs-Fall dahingehend untersucht wird, ob sich der Vater jemals daran beteiligt hat. Diese Auswertung ergibt bei Berücksichtigung aller fünf Varianten 17,23 Prozent. Nimmt man nur die beiden Kurzvarianten (12 plus 2-Modelle) kommt man auf 30,43 Prozent.

Welches Ergebnis diese unterschiedlichen Erhebungsmethoden nun besser das Voranschreiten der Väter in Richtung ausgeglichenere Kinderbetreuung abbildet – darüber ist man sich in den beiden Ministerien alles andere als einig.

Länge der Karenzzeiten

Aus dem Frauenministerium heißt es auf Nachfrage von dieStandard.at, dass die Gesamtauswertung des beantragten Kindergeldes von Vätern, die eine weitaus positivere Väterbeteiligung transportiert, zwar nicht falsch, jedoch familienpolitisch weniger relevant sei. Vergleichbar sei diese Aussagekraft mit jener von  Arbeitslosenstatistiken: Würde erhoben werden, wer im letzten Jahr irgendwann einmal arbeitslos gemeldet war, wären die Zahlen freilich um einiges höher, als die Arbeitslosenzahlen für das jeweilig aktuelle Monat, heißt es aus dem Büro der Frauenministerin.

Auch Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilungen Frauen und Familie in der Arbeiterkammer (AK) Wien, sieht den Fokus des Familienministeriums auf die Gesamterhebung skeptisch, wenngleich sie vorausschickt, dass jede Statistik ihren Wert habe. Dennoch: "Die Gesamtauswertungen zur allgemeinen Väterbeteiligung vernachlässigt, ob ein Vater zwei oder zehn Monate in Karenz geht." In vielen Fällen sei aber der Zeitraum, wie lange ein Vater zu Hause bleibt, ausschlaggebend für die Arbeitsteilung nach dem Kranzanspruch.

Väter wählen öfter Kurzvarianten

Die Verwirrung über die differierenden Zahlen interessierte auch SPÖ-Nationalratsabgeordnete Gabriele Binder-Maier. Im Frühjahr hatte sie dazu eine parlamentarische Anfrage gestellt. In der Beantwortung verwies das Familienministerium selbst auf die weitaus kürzeren Bezugszeiten von Vätern. Werde ermittelt, wie viele Personen im konkreten Monat einen mindestens eintägigen Leistungsanspruch aufweisen, heißt es in der Anfragebeantwortung, "ergibt sich daraus ein geringer Anteil der Kinderbetreuungsgeld-Bezugstage durch Väter, da sich die Väter im Normalfall deutlich kürzer am Bezug beteiligen als Mütter und auch verhältnismäßig oft in den Kurzvarianten KBG beziehen." Dennoch gilt für das Familienministerium als wichtigste Kennzahl, ob Väter jemals KBG bezogen haben.

Moritz kritisiert, dass detaillierte Auswertungen, die bis Herbst 2012 regelmäßig auf der Homepage des Familienministeriums einzusehen waren, nunmehr fehlen. Auf diesen Auswertungen basieren etwa die oben genannten 4,6 Prozent Jahresdurchschnitt (Monatsstatistik) für 2011. Warum die detaillierten Zahlen, die etwa auch nach Berufsgruppen gesplittet waren, durch die knapp einseitige Information über die Gesamtauswertung der Gebietskrankenkasse ersetzt wurde, begründet das Familienministerium mit einer "missverständlichen Verwendung der Zahlen".

Momentaufnahme und Gesamtauswertung

"So kann man mit Informationen nicht umgehen", sagt Moritz dazu. Dass differenzierte Auswertungen wichtig seien, zeige etwa das von der AK jährlich durchgeführte Wiedereinstiegsmonitoring. Es konnte unter anderem zeigen, dass die Anzahl der Karenzväter vor allem bei jenen anstieg, die sich in stabilen Arbeitsverhältnissen befanden: Zwischen 2006 und 2010 gab es bei ihnen einen Anstieg von neun auf 17 Prozent. Bei weniger sicher in Erwerbsarbeit integrierten Vätern konnte hingegen nur ein Anstieg von sechs auf acht Prozent erreicht werden. Auf derart wichtige Details könne man nicht verzichten, so Moritz.

Ob Momentaufnahme oder Gesamtauswertung, der Vergleich mit Deutschland zeigt, dass die Väterbeteiligung in Österreich noch kein Vorbild ist. Die deutschen Jahreszahlen für 2011 ergeben eine Väterbeteiligung von 27 Prozent. 

Bis die Väterbeteiligung an die "Mütterbeteiligung" annähernd heranreicht – das wird in Österreich also noch dauern. Darüber täuscht keine Ergebungsmethode hinweg. (beaha, dieStandard.at, 11.8.2013)