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Das Rotlichtgeschäft ist im Umbruch. Dieses Bild ist aber inszeniert und stammt vom Deutschen Theater in Göttingen.

Foto: APA/Isabel Winarsch

Wer die heißen Sommernächte in den Lokalen im Wiener Prater durchtanzt, kann sie sehen: die Freier, wie sie im Scheinwerferlicht wendender Taxis an Bäume gelehnt bedient werden. Den Frauen auf dem Straßenstrich bleibt nicht viel anderes übrig: Die rot-grüne Stadtregierung hat ihr Versprechen, mit Einführung des neuen Prostitutionsgesetzes für sichere Zonen zu sorgen, nicht eingehalten. Fast zwei Jahre sind seitdem vergangen.

Immer noch stehen sie, Meter an Meter, im Prater und bei der Autobahnausfahrt Auhof. Die Konkurrenz ist groß, die Preise haben ein historisches Tief erreicht, Revierkämpfe unter Prostituierten und ihren "Beschützern" sind an der Tagesordnung. Nach einer Attacke mit Pfefferspray in der Messestraße wird M. im April 2013 in die Notaufnahme gebracht. "Einige Polizisten standen daneben, sie haben sich geweigert, mir zu helfen", erzählt die 46-jährige Russin. Die Rechnung von 128 Euro für den Krankentransport musste sie stunden lassen. Das Geschäft läuft nicht sehr gut.

Zusätzlich würde die Polizei sie seit Monaten mit Strafen übersäen, behauptet sie. Zum Beweis hat sie Rechnungen und Anzeigen mitgebracht. Sogar vor ihrer Haustür habe sie eine Anzeige bekommen, weil sie in ihrer Arbeitskleidung nach Hause gestöckelt war.

Erst vor wenigen Tagen kassierte sie wieder eine Anzeige in der Max-Koppe-Gasse – laut Flächenwidmungsplan kein Wohngebiet. "Blickkontakt zu vorbeifahrenden Kfz-Lenkern gesucht", "vorbeifahrende Fahrzeuglenker durch Winken und/oder Kopfbewegungen auf sich aufmerksam gemacht", ist darauf vermerkt. Das kostet 500 Euro. "Den Frauen in den Büschen ist nichts passiert. Die Polizei pickt sich immer die Gleichen raus", meint M.

Entweder jung oder billig

Wie sie die Strafe zahlen soll, wisse sie nicht. Ihre Augen flackern, sie zündet sich eine Zigarette nach der anderen an. Ihre Preise will M. nicht nennen. Wer in einschlägigen Foren nachliest, kapiert schnell, dass die viele Prostituierte jünger sind.

Wer mithalten will, muss unschlagbar billig sein – oder ausweichen auf illegale Stellplätze. Doch wer dort erwischt wird, zahlt hohe Strafen – auch die Freier. Viele Beobachter vermuten, es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Straßenstrich ganz verboten wird. Fix ist, dass mit der Eröffnung der neuen Studentenheime im Prater der Standort auch illegal wird. Es bleiben nur die Brunner Straße und die Tankstelle in Auhof, was selbst von der Polizei als gefährlich eingestuft wird.

Einige Geschäftsmänner aus der Szene versuchen, das politische Vakuum für sich zu nützen. Werner Schmuck plante im Vorjahr ein "Mega-Laufhaus" an einem geheimen Standort. Nach einem Bericht im Standard zog der Gemeindepolitiker, der den Standort in der Nähe Wiens zugesagt hatte, sein Angebot wieder zurück. Zu groß war der politische Wirbel.

Ohne Zeitlimit zum Fixpreis

Peter Laskaris, der auch in das Projekt involviert war, testete gerade die Reaktion auf die Idee eines "Flatrate-Puffs", wo der Kunde für ein Fixum von 99 Euro sich so lange vergnügen kann, wie es seine Kräfte zulassen. Von "geschmacklos" bis "menschenverachtend" reichten die Kommentare. Laskaris blies die Eröffnung ab; nicht zuletzt, weil ihm die Polizei keine Genehmigung erteilte. Im Prostitutionsreferat wird seine Idee als Zuhälterei eingestuft.

In Deutschland gibt es das Geschäftsmodell bereits seit einigen Jahren. "Das ist per se nicht schlechter oder besser als andere Formen der Prostitution", sagt Astrid Gabb von Madonna, einer Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen in Bochum. Auf die Bedingungen komme es an, "und die können in jedem Nobelklub unwürdig sein".

Ein Beispiel für einseitige Berichterstattung sei der Pussycat-Club in Stuttgart. Der wurde wegen Problemen mit der Sozialversicherung geschlossen – "aber die Medien berichteten von Frauenhandel. Dann haben die Frauen eine Erklärung mit ihren echten Namen veröffentlicht, dass sie dort gut verdient haben und gut behandelt wurden." (Julia Herrnböck/DER STANDARD, 19.8.2013)