Wenn Führungskräfte Kinder bekommen, werden sie von manchen Unternehmen nur noch als Belastung empfunden.

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Was es für das Berufsleben heißt, ein Kind zu bekommen, ist vielen Frauen nicht klar, bevor es so weit ist. Es scheint doch alles ganz einfach: erst in Mutterschutz, dann Kindergeld beantragen und zu guter Letzt wieder zurück in den Beruf. Kündigungsschutz gibt es ja sowieso. Doch dass WiedereinsteigerInnen abseits der gefürchteten Kündigung noch einige andere - sagen wir einmal - unerfreuliche Dinge am Arbeitsplatz erleben können, daran denken die wenigsten.

Abstieg inklusive

Wenn es Probleme gibt, beginnen sie meist nach der Geburt, wenn Frauen merken, dass das Unternehmen sich schrittweise von ihnen distanziert. Angela P. ist es so ergangen. Sie arbeitete mehrere Jahre als Abteilungsleiterin in einem großen österreichischen Kulturbetrieb. Während der Karenz, die über eineinhalb Jahre ging, hatte sie kein einziges Gespräch mit der Personalabteilung. Ihre Anfragen landeten jeweils bei ihrem Karenzvertreter, der inzwischen ihre Abteilung übernommen hatte.

Kurz vor ihrem geplanten Wiedereinstieg erfuhr sie schließlich, dass sie wieder in einem Teilbereich ihrer alten Abteilung arbeiten könne. Angela P. sagte zu und ging auf eigenen Wunsch in Teilzeit. Zurück in ihrem Job, bemerkte sie jedoch bald, dass ihr Stück für Stück Kompetenzen und Arbeitsbereiche entzogen wurden. Im vergangenen Jahr, als sie aus ihrer zweiten Karenz zurückgekommen war, stand ihr wieder eine Veränderung bevor: Ihre Vorgesetzten erklärten ihr, dass sie nur in ihrer bisherigen Abteilung bleiben könne, wenn ihre Karenzvertretung gekündigt werde. Das könne sie doch nicht wollen. Und so landete die ehemalige Führungskraft im Empfangsbereich ihrer Institution.

Betriebliche Versäumnisse auf Wiedereinsteigerin abgewälzt

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft kennt Geschichten wie diese zur Genüge. "Es ist natürlich nicht die Verantwortung der Wiedereinsteigerin, was aus ihrer Karenzvertretung wird, sondern die des Unternehmens", stellt die Gleichbehandlungsanwältin Sandra Konstatzky klar. Erfahrungen wie diese bringen allerdings auf den Punkt, was oftmals das Problem beim Wiedereinstieg ist: die mangelnde Bereitschaft von Unternehmen, Verantwortung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu übernehmen und ein wirkliches Karenz-Management zu betreiben. Allzu oft würden diese Versäumnisse auf die Wiedereinsteigerin abgewälzt.

Ein Karenz-Management sieht etwa vor, dass man mit KarenznehmerInnen auch während ihrer Abwesenheit kontinuierlich Kontakt hält und einen gemeinsamen Plan entwickelt, mit welchen Aufgaben bei der Rückkehr zu rechnen ist. Das Gleichbehandlungsgesetz sieht vor, dass WiedereinsteigerInnen die gleiche oder zumindest eine gleichwertige Tätigkeit erhalten müssen.

Führung in Teilzeit - in Österreich eine Seltenheit

Die Krux dabei: Viele WiedereinsteigerInnen wollen vorerst in Teilzeit zurückkommen - und das Gesetz gibt ihnen auch das Recht dazu: Im Rahmen der "Elternteilzeit" dürfen sie bis zum vierten Geburtstag ihres Kindes in Teilzeit arbeiten und genießen dabei besonderen Kündigungsschutz. Bei Angestellten in Leitungsfunktionen beginnen hier die Probleme.

"In Österreich haben wir hier ein mangelndes Bewusstsein. In den Köpfen herrscht die Ansicht vor, dass man auf Führungskräfte immer zugreifen können muss und dass sie auch immer anwesend sein müssen", so Sandra Konstatzky.

Teilzeit-WiedereinsteigerInnen fallen hier von vornherein hinaus, das musste Gerda W. erfahren. Sie arbeitete als Kundenbetreuerin in der Werbebranche und leitete eine Gruppe von sechs Personen. Nach der Rückkehr reduzierte sie ihre Arbeitszeit auf 32 Wochenstunden und erfüllte die an sie gestellten Erwartungen zur vollsten Zufriedenheit ihrer Chefs. Doch nach einem Geschäftsführerwechsel änderte sich ihre Situation schlagartig: Die neue Chefin drängte sie, wieder Vollzeit zu arbeiten, was Gerda W. ablehnte. Daraufhin wurde ihr die gesamte Kundenverantwortung entzogen, stattdessen sollte sie als Assistentin weiterarbeiten.

"Ich gehe jetzt Kekse einkaufen und schneide Belegexemplare aus Zeitungen aus", beschreibt Gerda W. ihren Arbeitsalltag. Oft habe sie auch gar nichts zu tun. Daran, dass sie als einzige Mitarbeiterin kein Geburtstagsgeschenk mehr erhält, erkennt sie, dass ihre Zeit in der Firma bald abgelaufen sein wird. Wenn die Elternteilzeit ausläuft, das hat ihr ihre Chefin bereits gesagt, fliegt sie.

Branchenunterschiede

In der Werbebranche wird vorausgesetzt, dass die MitarbeiterInnen Überstunden machen. Viele Menschen, die dort arbeiten, sind jung und kinderlos. Laut Gerda W. sind viele Branchenkolleginnen mit Kindern über kurz oder lang ausgestiegen, weil sie nicht qualifiziert in Teilzeit arbeiten können.

Zwar gibt es Ausnahmen - zum Beispiel in den Medien -, wo es bereits Führungskräfte in Teilzeit gibt, doch in den meisten anderen Branchen müssen hier noch dicke Bretter gebohrt werden. Das ABZ Austria berät Unternehmen dabei, familienfreundlicher zu werden. Dazu gehört auch, die Schranken in den Köpfen zu lösen, dass eine Management-Funktion in Teilzeit unmöglich sei.

Vor allem der wirtschaftliche Nutzen eines strukturieren Karenzmanagements soll die Verantwortlichen zum Umdenken bewegen. "WiedereinsteigerInnen kommen nachweislich früher zurück und außerdem mit mehr Stunden, wenn das Unternehmen ein strukturiertes Karenz-Management hat", sagt Dagmar Kavsek-Allinger vom ABZ Austria. Ein Effekt, den sich Unternehmen zunutze machen sollten, wenn ihnen ihre MitarbeiterInnen etwas wert sind.

Zum Nichtstun verdammt

Miriam O. hat auch das nichts gebracht. Sie war Marketingmanagerin und hatte bereits einige Fortbildungsmaßnahmen in und außerhalb des Unternehmens absolviert, als sie schwanger wurde. "Es war klar, dass sie auf mich gebaut haben", sagt Miriam O. Nach der Karenz wollte sie für 25 Stunden in Elternteilzeit zurückkommen. Doch auf Basis dieses Modells hatte das Unternehmen keine Verwendung mehr für sie, wie kurz vor ihrem Wiedereinstieg erfuhr. Es hieß nur: Freistellung bis auf Widerruf.

"Ich hätte nach meiner Karenz gern wieder gearbeitet, stattdessen wurde ich zum Nichtstun verdammt", sagt sie. Erst nach einiger Zeit wurde sie vom Unternehmen für unterschiedliche Projekte zurückgerufen. Bald ist allerdings ihr garantierter Kündigungsschutz (bis zum vierten Lebensjahr des Kindes) vorbei; was das Unternehmen dann mit ihr vorhat, kann sie nur erahnen.

Männer, die in Karenz gehen, sind von Diskriminierungen wie diesen ebenso betroffen - laut Gleichbehandlungsanwaltschaft bei den Fällen, die sich an sie richten, sogar noch heftiger als Frauen. "Wir erklären uns das so, dass sie (die Männer, Anm.) das System erst recht ins Wanken bringen. Zahlenmäßig sind sie zwar seltener betroffen, wenn aber, dann geht es meist gleich um Kündigung", erläutert Konstatzky aus der Beratungspraxis der Gleichbehandlungsanwaltschaft.

Die Enttäuschung, die so eine Behandlung mit sich bringt - ob nun schleichend oder abrupt -, ist enorm. Für die Frauen und Männer bleibt das Gefühl, für das Unternehmen nichts mehr wert zu sein, und das, was sie vorher gemacht haben, ist auch nichts mehr wert. Dabei haben sie sich nichts zuschulden kommen lassen – außer dass sie Kinder bekommen haben. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 21.8.2013)