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Beim Wiedereintritt nach der Karenz landen immer mehr ArbeitnehmerInnen auf dem Abstellgleis, warnt die Arbeiterkammer.

Foto: APA/ANDREAS TROESCHER

Wien - Von einem "erschütternden Bild vom Umgang mit frischgebackenen Eltern" spricht der Präsident der Wiener Arbeiterkammer, Rudolf Kaske, wenn er aus einer aktuellen Auswertung der Arbeitsrechtsberatung der AK zitiert. Alleine im Zeitraum April bis Juni fand man 183 Fälle von Versetzungen nach der Karenz, durch die es zu "unzumutbaren Verschlechterungen" für die ArbeitnehmerInnen gekommen sei.

Die Arbeiterkammer schlüsselt detailliert auf, mit welchen unangenehmen Neuerungen die ArbeitnehmerInnen nach ihrem Wiedereinstieg konfrontiert waren: So gab es 16 Versetzungen an einen anderen Dienstort innerhalb Wiens, eine Versetzung in ein anderes Bundesland und 42 Versetzungen auf einen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz. 19 Personen verloren nach ihrer Karenz ihre Führungsposition, in 22 Fällen spricht die Arbeiterkammer von "Diskriminierung betreffend die Arbeitszeit" - bezogen auf das Ausmaß und die Lage der Arbeitszeit.

Eine Person, viele Verschlechterungen

In 28 Fällen wurde die Verschlechterung bei Bekanntgabe der Schwangerschaft, Karenz oder Elternteilzeit wirksam, in sieben Fällen gab es eine Verschlechterung beim Wiedereinstieg in die Vollzeit. Und obendrauf zählt die AK 48 Personen, deren Job sich beim Dienstantritt in der Elternteilzeit zum Schlechteren verändert hatte. Oft war ein und dieselbe Person auch von mehreren Verschlechterungen gleichzeitig betroffen. Jede Verschlechterung wurde als eigener Fall gezählt.

Sibylle Planteu von der Arbeitsrechtsabteilung der AK skizziert im Gespräch mit dem STANDARD drei Szenarien, wie es nach einem Beratungsgespräch weitergehen kann: "Entweder wir werden für die ArbeitnehmerInnen aktiv und schreiben den Dienstgebern, oder sie wenden sich an die Gleichbehandlungskommission. Der letzte Weg ist natürlich jener vor Gericht."

Versetzung erst bei Gerichtsentscheid

Nach derzeitiger Rechtslage müssen die betroffenen ArbeitnehmerInnen die schlechteren Bedingungen bis zu einem Gerichtsentscheid in Kauf nehmen, selbst wenn das Arbeits- und Sozialgericht diese Versetzungen als rechtswidrig beurteilt. Kaske will, dass sich das ändert: "Künftig soll eine Versetzung bei Einspruch der ArbeitnehmerIn erst ab Gerichtsentscheid gültig sein."

Grundsätzlich gilt laut Gleichbehandlungsgesetz, dass WiedereinsteigerInnen die gleiche oder zumindest eine gleichwertige Tätigkeit erhalten müssen.

"Mobbing" bei Elternteilzeit

Und er führt auch konkrete Beispiele an, etwa jenes einer Modeberaterin in einem Bekleidungsgeschäft, die sich an die Arbeiterkammer gewandt hatte. Die Frau sei zuerst von der Filialleitung und später vom Rechtsanwalt der Firma massiv unter Druck gesetzt worden, als sie eine Elternteilzeit im Ausmaß von 25 Stunden pro Woche bekanntgab. Die Folge: Sie wurde einfach zu anderen Arbeitszeiten eingeteilt, als laut Elternteilzeit festgelegt wurden, und der Vorwurf von Arbeitsverweigerung wurde in den Raum gestellt. Kaske spricht von "Mobbing".

Eine andere Geschichte erlebte eine junge Mutter in Wien: Hier sei versucht worden, die KollegInnen gegen sie aufzuhetzen. Kaske: "Es wurde ihr vorgeworfen, sie sei unkollegial, denn wie kämen ihre Arbeitskolleginnen dazu, aufgrund ihrer Elternteilzeit ständig unliebsame Dienste zu machen. Ihre schriftliche Bekanntgabe der Elternteilzeit wurde im Pausenraum plakatiert." Auch im Krankenstand drangsalierte man die Arbeitnehmerin: "Sie erhielt ein Schreiben vom Rechtsanwalt, es bestehe der Verdacht, dieser sei nur fingiert und sie sei ungerechtfertigt zu Hause." Schlussendlich wurde die Frau dann auch in eine andere Filiale in Wien versetzt.

Versetzungen in Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Elternteilzeit beziehungsweise der Festsetzung der Lage der Arbeitszeit haben laut Kaske System. "Hier ist die Wirtschaft gefordert, mehr Familienfreundlichkeit an den Tag zu legen. Es kann nicht sein, dass es Flexibilisierung immer nur aufseiten der ArbeitnehmerInnen gibt", fordert der AK-Präsident. (red, dieStandard.at, 22.8.2013)