Bellinzona - Der Schweizer Kanton Tessin nimmt die Burka ins Visier: Am 22. September stimmen die Stimmberechtigten der italienischsprachigen Region über ein Verhüllungsverbot ab. Demnach soll die Kantonsverfassung um einen Passus erweitert werden, in dem es heißt: "Niemand darf sein Gesicht auf öffentlichen Straßen und Plätzen verhüllen oder verbergen. Niemand darf eine andere Person aufgrund ihres Geschlechts dazu zwingen, ihr Gesicht zu verhüllen."

Damit wäre der Tessin der erste Schweizer Kanton, in dem Frauen weder Burka noch Nikab tragen dürfen. Die beiden Kleidungsstücke sind umstritten. BefürworterInnen sehen sie als Teil der kulturellen Tradition islamischer Länder an, KritikerInnen als Instrument zur Unterdrückung der Frau.

Initiative des "Spielverderbers"

Die Schweiz hatte bereits im Jahr 2009 mit einer als islamfeindlich eingestuften Volksabstimmung für Aufsehen erregt. Damals stimmte eine Mehrheit der StimmbürgerInnen für eine Vorlage zum Verbot von Minaretten. Abstimmungsanalysen zeigten, dass bei dem Referendum die Stimmen von Frauen den Ausschlag gaben.

Die nunmehrige kantonale Initiative zum Burka-Verbot wurde im Jahr 2011 gestartet und von 12.000 BürgerInnen unterstützt. Träger ist der politische Einzelkämpfer und Journalist Giorgio Ghiringhelli, dessen Bewegung den programmatischen Titel "Spielverderber" ("Il guastafeste") trägt.

Die Kantonsregierung präsentierte einen Gegenvorschlag, wonach lediglich das Gesetz über die öffentliche Ordnung geändert werden soll. Eine Verfassungsänderung in dieser Frage sei "überdimensioniert". Außerdem fehlt im Gegenvorschlag des explizite Verbot, jemanden aufgrund seines Geschlechts zwingen zu können, sich zu verhüllen. Dafür werden eine Reihe von Ausnahmen aufgeführt, bei denen das Gesetz nicht zur Anwendung kommt, darunter Schutzbekleidungen, lokale Trachten und Kostüme.

Die Kantonsregierung argumentiert zudem, dass im Tessin keine voll verschleierten Frauen lebten. Ein Verbot beinhalte das Risiko, dass die Frauen sich komplett aus der Öffentlichkeit zurückziehen. (APA, 26.8.2013)