Carrie Brownstein und Fred Armisen.

Foto: Screenshot /http://www.ifc.com/portlandia

Was tun, wenn die persönlichen Träume, Styles und präferierten Subkulturen in der eigenen coolen Metropole von hipperen Träumen, Styles und Subkulturen plattgewalzt wurden? Wohin mit dem ganzen über die Adoleszenz und in den Zwanzigern mühselig angehäuften Wissen über Grunge, Doc Martens und Piercings? Einen Vorschlag macht seit 2011 die US-Serie "Portlandia", deren Name an jene Stadt angelehnt ist, in der das alles laut Serientrailer noch etwas wert ist: Portland!

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Drei Staffeln der Satireserie liefen bisher auf dem kleinen US-Sender IFC, eine vierte ist für kommendes Jahr ankündigt. Hierzulande bleibt nur der DVD-Kauf oder Youtube, wo viele der Sketche aus "Portlandia" zu finden sind. Laut ProtagonistInnen der Serie ist "Portlandia" nicht nur jener Ort, an dem sich junge Leute frühzeitig vom Mitschwimmen mit immer neuen Moden pensionieren lassen. Dort hat man auch Muße für messerscharfe Analysen über Feministinnen, VegetarierInnen, RadfahrerInnen und Ökoaktivistinnen.

"Portlandia" macht vor nichts halt, jedoch ohne die hinter diesen Labels stehenden politischen Ziele zu verraten. Denn in den skurrilen Darstellungen dieser Figuren geht es weniger um ihre ideologischen Begehrlichkeiten als um das jeweilige Drumherum – um eine Art politischen Habitus, den die Mitglieder alternativer Szenen oft in gleichförmiger Weise vor sich hertragen. So verliert sich ein vollends auf Bio fokussiertes Paar in einem Restaurant in unzählige Fragen über glückliche Umgebung und soziale Situation des Huhnes, das für ihr Mahl immerhin sterben musste. Und weil die Kellnerin nicht jedes Detail aus dem Hühnerleben kennt, entschließt sich das Paar zu einem kurzen Abstecher auf die Farm, von der das Huhn stammt. Aus dem Abstecher werden Jahre, die das Paar auf der von einer Kommune betriebenen Farm verbringt, bis sie sich schließlich nach dem Tod des heißgeliebten und charismatischen Kommunenführers losreißen und an jenen Tisch zurückkehren, an dem sie zuallererst wissen wollten, ob das Huhn "local" ist. Sie haben schließlich noch Fragen.

Kongeniales Duo

Carrie Brownstein und Fred Armisen verkörpern die tierliebenden Biokonsumentinnen, rigorosen Besitzerinnen einer feministischen Buchhandlung, Dosen durch die Gegend kickenden Punks, verträumten Bastelfans oder konsumkritischen Dumpster Divers. Brownstein war bis 2006 Sängerin und Gitarristin der feministischen Band "Sleater-Kinney", auch Armisen tingelte bis in die Nullerjahre hinein als Schlagzeuger durch verschiedene Punkbands. Armisen und Brownstein, die die Serie auch produzieren, wissen also genau, womit sie es zu tun haben. Sie waren nicht nur mittendrinnen, sondern haben schon so einige Lifestyle-Trends kommen und gehen gesehen – und das kann ja mitunter schnell gehen:

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Auch Stars wie Steve Buscemi, Kyle MacLachlan und Heather Graham tauchen in der Serie auf, die keinem geradlinigen Handlungsstrang folgt. Es vermischen sich Sketche mit Handlungen, die von Zeit zu Zeit aufgegriffen oder aber auch für mehrere Folgen ignoriert werden.

Menschen, deren Sozialisation maßgeblich in den 90ern und in den Anfängen der Nullerjahre erfolgte, sind der Serie schutzlos ausgeliefert. Die gemeinsamen Erinnerungen an globale Alternativszenen, denen man sich – ob aus modischen oder ideologischen Gründen – anschloss oder die man aus tiefster Seele hasste, werden wohl die wenigsten dieser Generation unberührt lassen. So sehr, wie sie sich mit "Portlandia" aufs Tiefste verbunden fühlen, so eigenartig finden diesen Schabernack wohl um einiges Jüngere und Ältere.

Für sie kann man nur hoffen, dass jemand auf die Idee kommt, auch ihnen ein "Portlandia" zu schenken. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 10.9.2013)