STANDARD: Bei Ihrem Selbstporträt auf neos.eu steht: "Mehr Träumer braucht das Land, seht, wohin uns die Normalen gebracht haben." Was an Ihnen ist nicht "normal"?

Berghofer: Träumer zu sein schließt nicht aus, normal zu sein. Oft werde ich als Träumer bezeichnet, weil ich die Landtage abschaffen will oder das Pensionsantrittsalter von Frauen und Männern auf 65 angleichen möchte, während man mir zugesteht, dass es die richtigen Antworten für die derzeitigen Herausforderungen sind und somit eigentlich normal wäre. Träumer sind die, die Pläne haben, und Pläne brauchen wir. Fünf weitere Jahre planloser Stillstand wären fahrlässig.

STANDARD: Laut Ihrem Parteichef Matthias Strolz gehören Sie zur "Generation Sherpa". Fühlen Sie sich damit richtig beschrieben – der geknechtete junge Mensch mit düsteren Zukunftsaussichten?

Berghofer: Großteils schon, weil ich nicht weiß, was mich in Zukunft erwartet, ob ich wirklich, wenn ich jetzt arbeiten gehe, die Pension bekomme, die mir zusteht.

Dominik Berghofer versteht sich als "Liberaldemokrat" und kämpft für Neos. Foto: Maria von Usslar

STANDARD: Was einen in der Zukunft erwartet, weiß aber niemand.

Berghofer: Ja, aber ich habe einfach das Gefühl, dass es nicht rosig ausschaut. Immerhin hat jeder von uns, vom Baby bis zur Oma, einen Staatsschuldenrucksack von 30.000 Euro umgehängt, und der wächst jede Sekunde um 305.

STANDARD: Ihre politische Aktivität bei Neos ist nicht Ihre erste, Sie haben schon mal auf eine Zukunft in Orange gesetzt und waren beim BZÖ. Sie sagten, die rechtsliberale Alternative habe Sie gereizt. Was ist das Reizvolle an rechtsliberal?

Berghofer: An rechtsliberal grundsätzlich nichts, aber an liberal. Ich habe versucht, mir das geringste Übel auszusuchen. Ich wollte wo mitarbeiten, wo ich etwas bewegen kann, am Besten bei einer Partei, die schon im Parlament ist und in Richtung liberal geht. Ich dachte, es gibt einige Punkte, wo ich sehr zustimmen kann, und den Rest ändere ich mit meiner Mitarbeit. Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich gegen die Wand laufe, denn es gibt beim BZÖ zwei, drei Personen, die sich in einen Raum einsperren und ausschnapsen, was der nächste Programmpunkt ist und wie sie den über die Kronen Zeitung den Funktionären und Mitgliedern ausrichten. Das ist nicht mein Verständnis von Politik.

STANDARD: Was ist für Sie liberal?

Berghofer: Ganz klassisch: Die Freiheit des einen endet dort, wo die des anderen beginnt. Der Staat soll sich nur dann einmischen, wenn es wirklich notwendig ist, etwa bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Den Rest sollen sich die Bürger selbst ausmachen.

STANDARD: Neos holte sich das Liberale Forum für eine Wahlplattform – deckt das LIF Ihre Sehnsucht nach Liberalismus ab?

Berghofer: Es geht nicht um Liberalismus abdecken, Neos will ideologiefreie Politik machen, evidenzbasiert, faktenorientiert. LIF und Julis gehen da in die gleiche Richtung. Da macht es Sinn, die Kräfte zu bündeln.

STANDARD: Das LIF war immer gegen das Kreuz im Klassenzimmer. Soll es hängen oder abgehängt werden?

Berghofer: Meiner Meinung nach sollte es in öffentlichen Schulen keine parteipolitischen oder religiösen Symbole geben. Es spricht nichts dagegen, das Kreuz im Religionsunterricht aufzuhängen.

STANDARD: In Ihrem Selbstporträt sagen Sie: "Kritisch gegenüber direkter Demokratie". Was heißt das?

Berghofer: Das heißt, dass ich es sehr gefährlich finde, wie man direkte Demokratie in Österreich praktiziert. Das hat man an der Volksbefragung zur Wehrpflicht gesehen. Sie hat nicht auf objektiver Informationsebene stattgefunden, sondern rein auf emotionaler Ebene, und es ging nicht um die Wehrpflicht. Es ging auch nicht um das Berufsheer. Sie wurde von der ÖVP nur auf den Zivildienst reduziert, und das hat den Leuten selbstverständlich Angst eingejagt, wenn man sagt: "Es kommt die Rettung nicht mehr." So was halte ich einfach nicht aus.

STANDARD: Über welche Themen würden Sie denn das Wahlvolk befragen? Studiengebühren?

Berghofer: Das wäre ein Punkt. Wobei ich eher für eine Volksabstimmung bin. Ich bin nicht so ein Fan von Befragungen, die sind nicht verbindlich für die Regierung. Warum macht man nicht gleich eine Volksabstimmung, dann wissen die Leute ganz genau, worum es geht, über das wird abgestimmt. Da weiß ich, was herauskommt. Wenn ich abstimme, dann über einen konkreten Gesetzestext und nicht über die Willkür der Regierung. Die ÖVP hat bei der Wehrpflicht gemeint, sie stellt das Konzept nach der Volksbefragung vor, das ist doch Frotzelei.

STANDARD: Die Lehre ist einer Ihrer Schwerpunkte. Faktisch kommt die in der Bildungspolitik ja kaum vor, außer wenn wieder eine neue internationale Studie herauskommt, dann wird das duale System gelobt. Wo sehen Sie da Reformbedarf?

Berghofer: Ich war selbst Lehrling. Die Lehre ist ein sehr gutes Modell zur Ausbildung von Fachkräften, und ich finde es super, wie das in Österreich funktioniert. Möchte man sich jedoch danach weiterbilden, ist sie eher eine Sackgasse als ein Weg in die Zukunft. Ich bin jetzt in der Situation, dass ich sage: Okay, ich möchte mehr wissen, mich weiterbilden, vielleicht studieren oder mich selbstständig machen. Mit einer Lehre ist das sehr, sehr schwer. Neos will die Umschulungsmöglichkeiten nach einer Lehre viel flexibler gestalten und Berufsakademien einrichten, wo man Berufsreifeprüfungen etc. nachmachen kann. Und hier hakt es derzeit am meisten. Viele können sich das nicht leisten. Wir wollen dem mit staatlicher Vorfinanzierung entgegenwirken. Man soll seine Ausbildung zu jeder Zeit machen können, damit man schnell vorankommt und erfolgreich wird. Bezahlen soll man dann, wenn man davon profitiert und entsprechend verdient. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 5.9.2013)