Wiktor Swjatski soll der Mann hinter den Feministinnen sein.

Foto: Femen

Als "politischen Berater" und lediglich Unterstützer bezeichnen ihn die Femen-Frauen. Als Gründer, graue Eminenz, sogar als "Mastermind" der Oben-ohne-Gruppe aus der Ukraine geistert Wiktor Swjatski durch die Feuilletons.

Mit der am Mittwoch bei den Filmfestspielen in Venedig vorgestellten Dokumentation "Die Ukraine ist kein Bordell" platzte die angebliche Bombe. "Er ist Femen", behauptet Filmemacherin Kitty Green. Die 28-jährige Australierin hat ein Jahr mit vier Aktivistinnen in einer winzigen Wohnung in Kiew gelebt, sie bei Protesten begleitet und sich mit ihnen festnehmen lassen.

Mit der Zeit habe sie die Machtstrukturen durchblickt und Swjatski überzeugen können, sich als Drahtzieher des feministischen Netzwerks zu outen, sagt Green. In Interviews spricht Swjatski davon, wie er den Femen-Frauen Willensstärke und Pünktlichkeit eingetrichtert habe. Ohne ihn seien sie schwach.

Er habe die Feministinnen, die sich im Zeichen der Frauenrechte Parolen auf die blanke Brust schreiben, erniedrigt, sie angeschrien, behauptet Green. Er soll nur die schönsten Frauen ausgewählt haben - ein Vorwurf, mit dem sich Femen seit ihrer Gründung 2008 konfrontiert sieht.

Ob er Femen ins Leben gerufen habe, um Mädchen abzuschleppen, will Green im Film von ihm wissen. "Vielleicht in meinem Unterbewusstsein", antwortet er. Eine der Aktivistinnen sagt, sie sei psychisch abhängig von Swjatski, der im Film als extrem dominant und autoritär dargestellt wird.

Es zerschlägt das Bild der selbstbestimmten Amazonen, die mit wehenden Mähnen und Blumenkränzen im Haar für die Befreiung der Frauen auf der ganzen Welt blankziehen. Was bleibt noch übrig vom Mythos der Unerschrockenen, die sich einsperren lassen, um für die sexuelle Würde zu kämpfen, wenn sie es am Ende doch für einen Mann tun? Dem Film und der Bekanntheit von Femen hat der Wirbel ebenso wenig geschadet wie die nackten Brüste.

Inna Schewtschenko, eine der Schlüsselfiguren bei Femen, versucht das Paradoxon im "Guardian" zu erklären. Swjatski verkörpere genau das Patriarchat, von dem sie und ihre Mitstreiterinnen sich erst befreien mussten. Im Juni 2012 habe sich Femen von ihm getrennt. Warum er dann noch im Juli 2013 bei einer Aktion für Femen in der Ukraine zusammengeschlagen werden konnte, wie ein Youtube-Video dokumentieren soll, bleibt die Frage. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 6.9.2013)