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Bei ihrer Untersuchung, wie sich Pornografie auf die Haltung von deren Kosumenten gegenüber Frauen auswirkt, fanden Psychologen vor allem eines: große individuelle Unterschiede.

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Das Phänomen ist längst so allgegenwärtig, dass sogar eine Generation danach benannt wurde. Tatsächlich läuft seit etlichen Jahren in vielen Ländern der Welt ein riesiges Experiment ab: wie sich nämlich die einfache Verfügbarkeit expliziter Darstellungen von Sexualität im Internet insbesondere auf die Heranwachsenden auswirkt. Dem konservativen britischen Premierminister ist das zu riskant, und er möchte die Zugänglichkeit von pornografischen Inhalten im britischen Netz strikt beschränken.

Einen ähnlich Porno-kritischen Ton gab in Deutschland Alice Schwarzer mit ihrer PorNO-Kampagne vor, die 1987 und damit noch lange vor der Pornografisierung durch das Internet gestartet wurde. Schwarzer und ihre Mitstreiterinnen gingen damals davon aus, "dass der zentrale Sinn der Pornografie die Propagierung und Realisierung von Frauenerniedrigung und Frauenverachtung ist". Das stieß auch bei etlichen Feministinnen auf heftige Kritik. Und mittlerweile sieht Schwarzer die Sache wohl auch etwas anders. Schließlich verteidigte sie vor gut einem Jahr sogar den einigermaßen unsäglichen Hausfrauen-Porno-Bestseller "Fifty Shades of Grey", was mindestens ebenso verwundert wie das überzogene Porno-Gegenargument vor 26 Jahren.

Sei's drum.

Eine Frage bleibt jedenfalls: die nämlich, wie sich Pornografie auf die Haltung gegenüber Frauen auswirkt. Macht Porno junge Erwachsene sexistischer? Genau dieser Frage gingen die Psychologen Gert Martin Hald und Theis Lange (Uni Kopenhagen) sowie Neil Malamuth (UCLA) nach und  befragten 200 dänische Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren nach ihrem bisherigen Porno-Konsum. Zudem ermittelten sie ein zentrales Persönlichkeitsmerkmal der Probanden, nämlich ihre Verträglichkeit – also wie mitfühlend, hilfsbereit, kooperativ und nachsichtig sie sind.

Bei den ersten Tests zeigte sich, dass junge Frauen, die etwas mehr Pornos konsumiert hatten, keinerlei sexistische Haltungen aufwiesen; männliche Probanden mit "Porno-Vergangenheit" hingegen hatten tendenziell eher negative Haltungen gegenüber Frauen und hingen negativen Vorurteilen an.

Für den zweiten Teil der Untersuchung, die im "Journal of Communication" (Bd. 63, Nr. 4) veröffentlicht wurde, mussten die Versuchspersonen im Labor Pornografie konsumieren. Nun wurde ein recht eindeutiger und nicht ganz überraschender Zusammenhang offensichtlich: Bei Personen mit niedriger (sozialer) Verträglichkeit verstärkte der Pornokonsum sexistische Haltungen – und zwar umso mehr, je erregender die Darstellungen waren.

Für den Ko-Autor Hald zeige die Studie damit eindeutig, dass es erhebliche individuelle Unterschiede in der Rezeption und den Wirkungen von Pornografie gebe, was künftig möglicherweise stärker in der Prävention, der Erziehung aber auch bei klinischen Interventionen berücksichtigt werden sollte. (Klaus Taschwer, 6. September 2013)