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Inna Schewtschenko (Zweite von rechts) und ihre Mitstreiterinnen einmal angezogen beim Filmfestival von Venedig.

Foto: APA/ETTORE FERRARI

Die beim Filmfestival in Venedig gemachte "Enthüllung", hinter der feministischen Aktionsgruppe "Femen" stehe ein Mann namens Viktor Swijazkij , hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Dies, obwohl die wenigsten JournalistInnen bisher den Film "Die Ukraine ist kein Bordell" gesehen haben und obwohl es von Femen lange keine Stellungnahme zu dem Film gab.

Lang keine offizielle Bestätigung von Femen

Das Porträt über die internationale Frauenbewegung stammt von der australischen Filmemacherin Kitty Green. Mehr als ein Jahr lang hat sie die Aktionen der Gruppe begleitet. Da einige bekannte Femen-Mitglieder bei der Premiere beim Filmfestival von Venedig anwesend waren, konnte man davon ausgehen, dass Femen den Film zumindest autorisiert hat. Doch auf den offiziellen Kanälen der feministischen Organisation war es nach der Premiere lang ruhig geblieben.

Für langjährige BeobachterInnen von Femen ist es keine Überraschung, dass auch Männer an der Organisation beteiligt sind. Das hatte Femen schon seit längerer Zeit bekanntgeben. In dem Film, wo ein Femen-Mitglied von einer "psychologischen Abhängigkeit" gegenüber Viktor Swijazkij spricht, wird der Einfluss von Männern jedoch um einiges stärker dargestellt.

Schewtschenko: Swijazkij nicht Erfinder des Oben-ohne-Protests

Inna Schewtschenko hat nun eine Femen-Darstellung im "Guardian" veröffentlicht. Darin stellt sie die Enthüllungen in dem Film nicht in Abrede. Laut ihrer Darstellung war Swijazkij Teil der Femen-Bewegung, aber weder der Gründer der Bewegung noch der Erfinder des Oben-ohne-Protests. Vielmehr hätte er sich nach und nach als starke Hand der Truppe hervorgetan. "In der besten Tradition einer patriarchalen Gesellschaft", wie sie die Ukraine darstelle, hätten die Femen-Frauen es erlaubt, dass ein Mann Kontrolle über sie erlangte.

Trotz dieser Darstellung bleiben noch viele Fragen darüber offen, welche finanziellen und politischen Flüsse durch die "Organisation Femen" fließen. Schewtschenko, die sich ja angeblich aufgrund von politischer Verfolgung in Paris niederließ (und dort auch politisches Asyl bekommen hat), sagt nun, dass die Erkenntnis eines Patriarchats innerhalb der Femen-Bewegung der eigentliche Grund für ihre Auswanderung war. Von Paris aus sollte die Bewegung neu entstehen, in der Männer sie nur noch unterstützen, nicht jedoch dominieren dürften.

Eine weitere Gründerin von Femen, Anna Hutsol, erklärte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung", dass sie Viktor Swijazkij bereits vor einem Jahr erfolgreich hinausgedrängt hätten. Der Politologe lebe inzwischen in Odessa und stehe mit der Femen-Organisation nur noch sporadisch in Kontakt. Dem ehemaligen "Patriarchen" von Femen scheint dies aber nur bedingt zu nützen. Erst kürzlich wurde er unweit des ehemaligen Femen-Büros in Kiew von Unbekannten auf offener Straße niedergeprügelt. 

Glaubwürdigkeit des Protests in Zweifel gezogen

Pikant bleibt es jedenfalls, dass Femen den Einfluss von Männern in den eigenen Reihen so lange duldeten. Denn ihr politischer Protest und ihre Slogans waren seit jeher von strikter Freund-Feind-Rhetorik und biologistischen Geschlechterbildern geprägt, in der sich Frauen mit nacktem Busen gegen das von Männern aufgestellte Patriarchat wehren. Soviel ist sicher: Der Traum von den einfachen Erklärungen und den einfachen Lösungen ist fürs erste ausgeträumt. (freu, dieStandard.at, 9.9.2013)