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So kann er aussehen, der Burkini.

Foto: APA/Rolf Haid

Leipzig - Auch muslimischen Schülerinnen ist die Teilnahme am Schwimmunterricht zuzumuten, urteilte das deutsche Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag. Schließlich gebe es ja den Burkini, einen Ganzkörperbadeanzug mit dem sie ihren religiösen Bekleidungsvorschriften nachkommen könnten.

Anlass für das als richtungsweisend geltende Urteil war die Klage der Familie einer 13-jährigen Gymnasiastin aus Frankfurt am Main gewesen. Die Eltern hatten argumentiert, die Teilnahme am Schwimmunterricht verletze die religiösen Bekleidungsvorschriften ihrer damals elf Jahr alten Tochter. Auch das Tragen eines Burkinis lehnte die Familie ab. "Der Weg, einen Burkini zu tragen, der stigmatisiert sie, der führt zu ihrer Ausgrenzung", sagte ihr Anwalt Klaus Meissner. Die Familie hatte eine Befreiung vom gemeinsamen Schwimmunterricht für Buben und Mädchen erwirken wollen und sich auf die Religionsfreiheit berufen.

Burkinitragen nahegelegt

Die Bundesverwaltungsrichter urteilten, eine Unterrichtsbefreiung aus religiösen Gründen sei nur in Ausnahmefällen möglich. Bei der muslimischen Schülerin kollidiere ihre grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit mit dem verfassungsrechtlichen verankerten Erziehungsauftrag des Staates. In solchen Konflikten müsse grundsätzlich abgewogen werden, und es müsse auch nach Kompromissen gesucht werden, sagte der Vorsitzende Richter Werner Neumann. Der Burkini - ein islamkonformer Badeanzug, der nur Gesicht, Hände und Füße freilässt - sei eine Möglichkeit.

Der Anwalt der 13-Jährigen argumentierte zudem, sie dürfe sich auch nicht dem Anblick leichtbekleideter Burschen im Schwimmbad aussetzen. Auch da hatten die Richter eine andere Sichtweise: Leichtbekleidete junge Männer seien in Deutschland im Sommer überall zu sehen, auch auf den allgegenwärtigen Werbeplakaten sei das Alltag. Der Anblick leichtbekleideter männlicher Schüler im Schwimmbad beinträchtige die 13-Jährige somit nur "geringfügig" in ihrer Glaubensfreiheit, erklärte Vorsitzender Neumann. In dem Falle überwiege der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag. Der Vater der 13-Jährigen hatte vor der Urteilsverkündung erklärt, er wolle die Entscheidung akzeptieren.

Schulpflicht auch bei "schwarzer Schule"

Ähnlich urteilte der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts noch in einem weiteren Verfahren, das am Mittwoch in Leipzig verhandelt wurde. Die Eltern eines inzwischen 18-jährigen Sohnes hatten vor fünf Jahren beantragt, dass der Jugendliche im Rahmen des Unterrichts nicht den Kinofilm "Krabat" nach einem Roman von Otfried Preußler ansehen müsse. Darin ginge es um schwarze Magie - und das sei mit ihrem Glauben als Zeugen Jehovas nicht vereinbar. Auch hier kollidierte das Grundrecht auf elterliche Erziehung in religiösen Fragen mit dem staatlichen Bildungsauftrag.

Richter Neumann betonte, dass der Schulunterricht in einer pluralistischen Gesellschaft nicht auf jeden religiösen Belang Rücksicht nehmen könne. "Eine Gestaltung des Unterrichts, die jeder Glaubensvorstellung Rechnung trägt, ist nicht praktikabel. Eine weitgehende Auflösung des Unterrichts wäre die Folge." Den Film "Krabat" hätte sich der Schüler anschauen müssen.

"Weises Urteil"

Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hat das "Burkini-Urteil" des Bundesverwaltungsgerichtes am Mittwoch als "weise" begrüßt. Kolat sagte der "Saarbrücker Zeitung": "Ich finde, das Gericht hat einen hinnehmbaren Ausgleich zwischen Religionsfreiheit und Bildungsauftrag gefunden."

Es sei wichtig, dass muslimische Kinder am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten, so Kolat. Dazu gehöre auch der Schwimm- und Sportunterricht. (APA, 12.09.2013)