Die Geschichte von Ulrike Meinhof, im Bild ganz oben, hat ebenfalls Eingang in das Buch gefunden.

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"Für die Freigebung der Prostitution plädieren die einen, ihre Ausrottung durch Aufhebung der Toleranzhäuser, Verweigerung der Lizenzkarten, strafgerichtliche Verfolgung der geheimen Prostitution fordern die anderen". Dies schrieb die Journalistin und Frauenrechtlerin Irma von Troll-Borostyáni im Jahr 1893 in ihrem Aufsatz "Die Prostitution vor dem Gesetz". Sie war ihrer Zeit weit voraus und recherchierte als eine der ersten JournalistInnen direkt im Wiener Prostituiertenmilieu. Die Debatte setzt sich ja bekanntlich bis heute fort, wie aktuelle Kontroversen in der Wiener Szene und der Emma-Appell in Deutschland zeigen.

Geschichte einer weiblichen Berufsgeschichte

Was haben Irma von Troll-Borostyáni und Alice Schwarzer noch gemeinsam außer der Anprangerung der Zustände in Bordellen? Sie beide sind Protagonistinnen in dem Buch "Journalistinnen. Eine Geschichte in Biographien und Texten 1848–1990", das kürzlich im LIT-Verlag erschienen ist. Darin geben die beiden Autorinnen Elisabeth Klaus und Ulla Wischermann einen Überblick über die Berufs- und Sozialgeschichte von Journalistinnen, wie es ihn im deutschsprachigen Raum bisher noch nicht gab.

Acht Umbruchsphasen machen sie in dem gewählten Zeitraum fest, anhand deren sie die schrittweise Erweiterung der weiblichen Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. 1848er-Revolution, Jahrhundertwende, Erste Republik, Nationalsozialismus, Nachkriegszeit und die wilden 70er-Jahre, um nur einige zu nennen, sind die Stationen auf dem Weg zu einer weiblichen Berufsgeschichte. Berücksichtigt wurden dabei die Texte und Biografien von in Österreich und Deutschland in Printmedien tätigen Journalistinnen, die (Deutsch-)Schweiz wurde vorerst ausgelassen.

Die Autorinnen betonen, dass bei den meisten Journalistinnen die Grenzen zur Publizistik und Schriftstellerei offen blieben – was kein Wunder ist: Krieg, Exil, aber auch gesamtgesellschaftliche Umstände hinderten sie an durchgängigen Berufsbiografien als Journalistinnen.

Private Umstände beeinflussen beruflichen Erfolg

"Die Ehe, jedenfalls wenn sie nach traditionellen Maßstäben geführt wird, war bis in die jüngste Zeit für eine journalistische Karriere von Frauen hinderlich," so schreiben die Autorinnen. Und weiter: "wie etwa das Beispiel Susanne von Pascenskys zeigt, deren Eheschließung zu einem Karriereknick führte, da ihr Mann in derselben Redaktion bei der 'Welt' arbeitete und sie, obwohl Dienstältere, deshalb in das Feuilleton versetzt wurde. Nachdem sie auch die Betreuung der beiden Kinder übernommen hatte, blieben ihr nur die Nächte zum Schreiben."

Löblich ist, dass die beiden Autorinnen bei aller Fokussierung auf Einzelbiografien und -leistungen nicht das Allgemeine aus den Augen verlieren. So machen sie in ihrem gelungenen Resümee sehr konkrete Faktoren für den Eintritt, die Stellung und das Agieren von Frauen im Journalismus fest. Darunter die Bildung, die bei den Journalistinnen übrigens im Schnitt immer schon höher war als bei den männlichen Kollegen, was sich aber bis heute nur in Einzelfällen auf die Funktion von Frauen in Medienbetrieben niederschlägt.

Warum das so ist, erklärt u.a. der lesenswerte Abschnitt zu Geschlechtlichkeit und Profession. Hervorgehoben sei gerade auch in diesem Zusammenhang der sachliche Ton der Publikation, die sich von jeglicher Polemik fernhält. (Tanja Paar, dieStandard.at, 13.11.2013)