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Mehr Zeit für die Familie wünschen sich in Deutschland angeblich ganz viele Eltern. Eine gesetzliche Familienarbeitszeit könnte sie ihnen sogar unter der Voraussetzung der Gleichheit ermöglichen.

Foto: APA/dpa/Jochen Lübke

Nicht nur in Österreich rauchen in den regierungswilligen Parteien die Köpfe bei den sogenannten Koalitionsverhandlungen. Auch Deutschland befindet sich in diesem Prozess und ein Blick auf die dortigen Diskussionen ist aus zweierlei Gründen lohnenswert.

Zum einen werden dort politische Ideen diskutiert, die immerhin einen zukunftsorientierten Gestaltungswillen erkennen lassen; zum anderen ist das, was in Deutschland beschlossen wird, früher oder später auch in Österreich Thema.

Derzeit ist es die "Familienarbeitszeit", die mehrere WissenschaftlerInnen als Konzept in die Koalitionsverhandlungen eingeworfen haben. Die Idee ist so bestechend wie einfach: Beide Eltern reduzieren nach der Geburt und nach Ablauf der Elternzeit ihre Arbeitszeit auf 32 Stunden (also 80 Prozent) und erhalten dabei vom Staat bis zu drei Jahre einen Zuschuss, der ihren Verdienstausfall kompensieren soll. Der Effekt: beide Elternteile könnten sich in dieser Zeit mehr in der Familie einbringen, Frauen würden entlastet und Teilzeitarbeit würde ihr Loser-Image verlieren: Schließlich wären dann auch Männer teilzeitbeschäftigt und die Arbeitszeitreduktion hätte zudem ein gesetzlich vereinbartes Ende.

Gleichheit bei Arbeitszeit in weiter Ferne

Die Realität sieht derzeit noch ziemlich anders aus. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Belastungen, die durch die Familiengründung entstehen, immer noch hauptsächlich Frauen tragen. In Deutschland sind es laut der "Süddeutschen Zeitung" nur ein Prozent der Paare mit Kindern, bei denen Vater UND Mutter jeweils einem Teilzeitjob mit etwa 30 Wochenstunden nachgehen. Die überwiegende Mehrheit löst das Vereinbarkeitsproblem so, dass der Vater Vollzeit arbeitet und die Mutter gar nicht (39 Prozent) oder der Vater Vollzeit und die Mutter Teilzeit mit weniger Stunden (35 Prozent).

Gerade weil so wenige Paare sich für dieses gleichheitsorientierte Modell entscheiden, gehen die ForscherInnen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) davon aus, dass die Familienarbeitszeit Deutschland mit rund 140 Millionen Euro jährlich vergleichsweise billig kommen würde. Doch dies könnte sich freilich ändern, wenn die Maßnahme erfolgreich werden würde.

Indes haben sich die deutschen Regierungsparteien offenbar bereits auf eine Verlängerung des Elterngeldes geeinigt (derzeit kann es maximal 14 Monate bezogen werden) und auf einen "Partnerschaftsbonus" in Höhe von etwa zehn Prozent des Elterngeldes, den alle ElterngeldbezieherInnen erhalten, die beide parallel 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten. Das kommt der Idee der Familienarbeitszeit schon ziemlich nahe. Und lässt die Hoffnung keimen, dass sich die Politik endlich traut, unter dem fadenscheinigen Teppich namens "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" einmal richtig durchzuputzen.

In fünf Jahren reden wir dann in Österreich darüber. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 19.11.2013)