Wien -  Die iranische Menschenrechtsaktivistin und Autorin Marina Nemat hat wenig Vertrauen in den neuen Präsidenten Hassan Rohani, den der Westen als gemäßigt und konziliant einstuft, namentlich nach der jüngsten Vereinbarung im Atomstreit. "Die iranische Führung versucht jetzt, ein mildes Gesicht aufzusetzen", meinte Nemat Montagabend bei der Veranstaltung "Drei Dissidenten, drei Staaten" anlässlich des Tages gegen Gewalt an Frauen in Wien.

Das Verhalten der Teheraner Führung ziele auch auf die Beruhigung der eigenen Bevölkerung, sagte Nemat. Doch: "Ein Wandel muss von innen kommen."

Heutige Mullahs interessiere "Geld und Macht"

Nach Auffassung Nemats, die im Zuge der iranischen Revolution als 16-Jährige zwei Jahre im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis eingekerkert und gefoltert worden war, setzen die regierenden Mullahs heute auf "Geld und Macht". Was auf lange Sicht für alle Diktaturen gelte, gelte auch für den Iran, so die iranische Christin, die heute in Kanada lebt. Es gehe nicht mehr in erster Linie um die Ideologie, sondern um Machterhalt. Rohani ein Reformer? Nemat glaubt das nicht: "Die gleichen Personen sind an der Macht, sie setzen nur ein anderes Gesicht auf."

Als die Revolution den Schah hinwegfegte, hätten die meisten IranerInnen gar nicht gewusst, was "eine Islamische Republik" bedeutete, erinnert sich Nemat. Die Menschen hofften auf Demokratie; "doch Demokratie funktioniert nicht von allein." Sie selbst wurde inhaftiert, weil sie Revolutionsführer Ruhollah Khomeini kritisiert hatte. Folter bedeute, "die Seele zu töten". Nemat wurde freigelassen, weil ein Wächter sie heiratete; sie musste zum Islam konvertieren und war sexueller Gewalt ausgesetzt. 1991 gelang ihr die Flucht nach Kanada. Ihr Buch "Prisoner of Teheran" wurde ein Erfolg. "Stille tötet, Stille ist ein Massenvernichtungsmittel" begründet die Aktivistin ihren Einsatz.

Mauretanien: Kinder in Sklaverei hineingeboren

Ein anderes Land mit schweren Menschenrechtsverletzungen beleuchtete der Mauretanier Abidine Merzough, der heute von Deutschland aus u.a. für die Menschenrechtsorganisation "SOS Esclaves" tätig ist. "Die Islamische Republik Mauretanien ist die Nummer eins bei der Sklaverei." Die Baydhan mit arabischen Wurzeln, die 20-25 Prozent der Bevölkerung ausmachen, "üben das Machtmonopol aus". Sie seien die Herren und behandelten die schwarzafrikanische Mehrheitsbevölkerung wie Sklaven. Der Koran wurde in eigenen Fatwas (islamische Gebote) eigenmächtig ausgelegt und unterscheide zwischen Freien und Sklaven, auch heute noch.

Am schlimmsten treffe dieses System in Mauretanien die Kinder und junge Mädchen. Merzough: "Kinder werden in die Sklaverei hineingeboren." Der Aktivist schilderte erschütternde Schicksale kleiner Mädchen, die von ihren "Chefs" vergewaltigt  und meist auch noch von der Polizei im Stich gelassen werden. Als beunruhigend empfindet Merzough die neue Islamisierung in seiner alten Heimat. Der Islam habe sich radikalisiert, Al-Kaida habe viele Afrikaner als Kämpfer rekrutiert, tief verschleierte Frauen prägten das Bild. Geld fließe aus Saudi-Arabien und dem Iran ins Land.

Kuba: Viele Arten der Diskriminierung

Als Dritte berichtete Rosa Maria Paya Acevedo, Tochter des 2012 unter mysteriösen Umständen bei einem Autounfall getöteten kubanischen Dissidenten Oswaldo Paya. Der Gründer einer christlichen Befreiungsbewegung war Träger des Sacharow-Preises für Menschenrechte. "Auf Kuba gibt es viele Arten der Diskriminierung", so Paya, die heute mit Mutter und Bruder in den USA lebt. Gewährung von Freiheiten sei mit Druckmitteln verbunden, wie die Ausstellung von Reisepässen. Der Internet-Zugang sei nicht frei, StudentInnen könnten jederzeit von Unis ausgeschlossen, private Firmen abrupt zugesperrt werden. Ein echter Unterschied zwischen dem früheren Machthaber Fidel Castro und dessen Bruder Raoul sei nicht zu erkennen.  (APA, 26.11.2013