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Travestiekünstlerin Conchita Wurst vertritt Österreich heuer beim Eurovision Song Contest.

Foto: APA

Subtilität ist ihre Sache nicht - Conchita Wurst liebt die große Geste. Schon der erste öffentliche Auftritt der bärtigen Kunstfigur vor TV-Publikum gerät zum großen Hallo: Auf knallroten High Heels und in engem Kleid stakst la Wurst 2011 auf die Bühne einer ORF-Castingshow, um dort einen Schmachtfetzen abzuliefern. So mancher Zuseherin, so manchem Zuseher im Saal bleibt kurz der Mund offen stehen. Da steht eine Frau. Mit Backenbart. Was sich zwischen deren Beinen befindet, wer weiß das schon.

Mit diesem Auftritt war der Ton angeschlagen. Conchitas Markenkern hat sich seither nicht wesentlich verändert: Travestie-Kunst trifft Ballade trifft Botschaft. Nach der Castingshow feierte der Boulevard die Wurst ab, bis man sich irgendwann an die bärtige Dame gewöhnt hatte. Musikalisch gesehen ist der Fall recht klar: Wem ironiefrei vorgetragener Popkitsch gefällt, der oder die kann diese Musik mögen. Allen anderen sollte die Dame vor allem eines sein: ziemlich wurscht.

Ist sie aber nicht. Von Anfang an erntete Conchita Wurst nicht nur Begeisterung und irritierte Gesichter. Einige zeigten ihre Homophobie ganz offen - etwa in den ORF-Foren oder auf Facebook. Als der ORF im heurigen Sommer vermeldete, dass Wurst für Österreich zum Song Contest nach Kopenhagen fahren wird, formierte sich flugs eine Facebook-Gruppe dagegen. Mittlerweile tummeln sich dort knapp 40.000 vorwiegend männliche Unterstützer. Der Tenor verbirgt sich nur mühsam hinter beleidigter ORF-Schelte. An vielen Stellen geht es dort brutal homophob zur Sache. Einer wünscht sich gar, Weißrusslands Präsident Lukaschenko möge Frau Wurst an die Wand stellen und abknallen. Dass sich jemand die Freiheit nimmt, auf normalisierte Vorstellungen von Männlein und Weiblein zu pfeifen, weckt offenbar auch hierzulande Tötungsfantasien.

Hinter Conchita Wurst steckt der 24-jährige Oberösterreicher Tom Neuwirth, der, aufgewachsen im steirischen Bad Mitterndorf, schon in der Schule mit Diskriminierung als Homosexueller konfrontiert wurde. Die Kunstfigur Wurst ist seine Art, Österreich auf den Geschmack von Toleranz zu bringen - gegenüber allen, die auf den ersten Blick eben nicht "normal" sind. Der Umgang mit Conchita Wurst sei ein probater Lackmustest für die Liberalität im Land, schreibt der Autor und Musikverleger Walter Gröbchen. Ein Lackmustest in Lackstilettos. (Lisa Mayr, DER STANDARD, 28.11.2013)