Bild nicht mehr verfügbar.

Tausende SpanierInnen demonstrieren seit Monaten für eine Rückkehr zu einem Abtreibungsverbot, wie es vor 2010 gültig war. Geht es nach Ministerpräsident Mariano Rajoy, wird ihr Wunsch noch 2013 erfüllt.

Foto: AP/Daniel Ochoa de Olza

Madrid/Granada - Noch heuer will die rechtskonservative Regierung in Madrid eine restriktive Gesetzgebung in puncto Abtreibung beschließen. Das versicherte Premier Mariano Rajoy (PP) vor JournalistInnen. Hintergrund dürften die kommenden Europa-Wahlen im Mai 2014 sein, bei denen er seine WählerInnen am rechten und besonders erzkatholischen Rand zufriedenzustellen versucht.

Zurück zu Verbot mit Ausnahmen

Geplant ist, dass die erst 2010 unter dem sozialistischen Expremier José Luis Rodríguez Zapatero gewährte Fristenlösung (bis zur 14. Woche) wieder abgeschafft werden soll. Die Konservativen stießen sich von Beginn an am neuen Recht auf Abtreibung für Minderjährige (ab 16 Jahre) ohne elterliche Verständigung und an der Einführung der rezeptfreien Abtreibungspille. Stattdessen soll nur noch bei der diagnostizierten Missbildung des Fötus oder bei Schwangerschaften nach Vergewaltigungen ein Abbruch genehmigt werden - und das auch nicht in allen Fällen.

"Das Gesetz ist so gut wie fertig. Es fehlen nur noch Nuancen", sagte Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón (PP) unlängst dem Radiosender CadenaSER. Bei Missbildungen werde man sich an die UN-Weisung halten, doch ob der vor der Legalisierung am häufigsten angegebene Grund, nämlich "Gefahr für die physische und psychische Gesundheit der werdenden Mutter", wieder eingeführt wird, ließ Ruiz-Gallardón offen. Wahrscheinlich fällt der Grund, fürchtet das Gros der Frauenrechts-NGOs.

Femen: "Abtreibung ist heilig"

Seit Monaten protestieren Pro-Choice-DemonstrantInnen und Frauenrechtlerinnen unter dem Namen Marea Violeta ("Violette Flut") gegen die geplante Reform - mit medienwirksamer Unterstützung von Femen-Aktivistinnen. Letztere störten mit nackter Brust und "Die Abtreibung ist heilig!" skandierend eine Parlamentssitzung und Proteste der Abtreibungsgegner in Madrid. Die Klage des Vereins Christlicher Anwälte folgte postwendend gegen Femen - wegen Exhibitionismus und des "Angriffs auf die Grundrechte".

Mehr als 300 Pro-Life-Gruppen hatten Mitte November zum "4. Marsch für das Leben" mobilisiert. Die Demonstrationen für eine Verschärfung des gültigen Abtreibungsgesetzes fanden in 46 größeren Städten Spaniens statt, wo unter dem Motto "Komm! Null Abtreibungen" laut Organisatoren Hunderttausende auf die Straße gingen.

"Das Massaker muss aufhören", betonte die Pressesprecherin der Organisatoren Gádor Joya, "jeden Tag werden in Spanien 300 Kinder ermordet". Seit einigen Monaten kurvt auch ein von der Pro-Life-Bewegung gesponserter Bus mit Bildern von abgetriebenen Föten durch die spanische Hauptstadt Madrid.

Versprechen der Regierung

"Wir betrachten Abtreibung als Mord", sagte ein Demonstrant zur französischen Presseagentur AFP, der mitsamt seiner Familie aus dem 70 Kilometer entfernten Guadalajara nach Madrid angereist war. Er sei "genervt" von der konservativen Regierung, die eine Beschränkung des unter den Sozialisten verabschiedeten Gesetzes schon 2011 versprochen, wegen parteiinterner Streitereien aber bisher nicht umgesetzt habe. (Jan Marot, DER STANDARD, 10.12.2013)