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Anstoßen auf die neue Partie: Kanzlerin Merkel, der neue Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) sowie die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Foto: REUTERS/TOBIAS SCHWARZ

Dass die Freude über die neue Regierung in der Bevölkerung und bei den Medien enden wollend ist, haben wir in den letzten Tagen schon ausreichend vernommen. Der Umstand, dass in der neuen eingedampften Regierung nun auch noch der Frauenanteil zu leiden hatte, gibt zusätzlich zu denken auf.

Die Differenz ist zwar nicht dramatisch (von 39 auf 32 Prozent inklusive StaatssekretärInnen), dennoch haben "die Frauen"  in der Regierungsneubildung der zwei unglücklich aneinander geketteten SPÖ und ÖVP an Macht und Einfluss verloren. Sowohl Finanzministerium als auch Justiz wird jetzt von Männern geleitet, was die ÖVP verhindern hätte können. Doch offenbar waren durch die selbst auferlegten Einsparungen an der Führungsspitze einfach nicht mehr genug profilierungsgeeignete Jobs für alle da.

Mehr Frauen in Deutschland

Da in Deutschland auch gerade eine neue Regierung präsentiert wurde und noch dazu ähnliche politische Akteure an der Macht sind (allerdings mit anderer Machtverteilung), lohnt sich der Vergleich mit dem Nachbarland. Dort sind in der neuen Regierung inklusive der Kanzlerin sechs Frauen auf Ministerinnen-Ebene vertreten (und damit 37,5 Prozent). Die Männer bleiben jedoch auch hier mit 10 Ministerposten deutlich in der Mehrheit.

Anders als in Österreich scheint es aber bei den deutschen Konservativen eine Frauenförderungskultur zu geben – zumindest wird die Berufung von Ursula von der Leyen zur ersten Verteidigungsministerin Deutschlands als strategische Platzierung der Kanzlerin gewertet. Die beiden Politikerinnen waren in der Vergangenheit nicht immer einer Meinung – Stichwort verbindliche Frauenquote oder auch das Betreuungsgeld – doch Kanzlerin Merkel scheint die kämpferische von der Leyen dennoch als ihre Nachfolgerin auserkoren zu haben. So wird es zumindest in der Presse kolportiert.

Und mit der neuen Ministerin Andrea Nahles von der SPD, die das Arbeits- und Sozialministerium unter sich hat, leitet eine weitere Frau ein Schlüsselressort, das für Frauen besonders wichtig ist. 

Der "Merkel-Effekt"

Seit Merkel an der Macht ist, gibt es immer wieder Debatten darüber, ob eine Frau an der Spitze der Macht einen Unterschied macht. Angesichts der aktuellen Personalentscheidungen in Deutschland und im direkten Vergleich mit Österreich, wo sich Frauen in der ÖVP in schwierigen Zeiten wieder hinten anstellen müssen, wäre es möglich, den vielfach heraufbeschworenen Merkel-Effekt wieder ins Spiel zu bringen: Unter einer weiblichen Kanzlerin Merkel dürfen andere Frauen eher zeigen, was sie können und das auch auf der großen Bühne.

Vor kurzem hat Merkel auf die Frage, ob sie sich denn selbst als Feministin bezeichne, gemeint: "Nein, da wären die echten Feministinnen wohl traurig, wenn ich das täte". Die Antwort der ehemaligen Frauenministerin zeigt: Merkel weiß, was sie tut, und was sie nicht tut. Das ist deutlich mehr, als wir von den österreichischen SpitzenpolitikerInnen gewohnt sind. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 17.12.2013)