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Im Inneren der Großen Moschee von Paris war es am vergangenen Samstag sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen, als Frauen versuchten, den Hauptgebetsraum zu betreten.

Foto: AP/Francois Mori

Nur in einem Punkt sind sich die Streitparteien einig: Der Frieden ist hin an der Grande Mosquée, dem Kultuszentrum französischer Muslime. Handgreiflichkeiten, Kommuniqués und Gerichtsklagen prägen einen Disput, den die Zeitung "Le Figaro" am Freitag als "Guerre des sexes" bezeichnete - einen Geschlechterkrieg im Gotteshaus.

Über den Ursprung des Zwistes gehen die Meinungen auseinander. Moschee-Rektor Dalil Boubakeur wirft einem "Grüppchen Frauen" vor, es betreibe "politische Agitation und Propaganda"; ferner habe es sich hinter dem Vorhang des großen Gebetsraums, der Männer von Frauen seit Jahren trennte, "zu lärmig" benommen.

Verbannt ins Untergeschoß

Als Folge wurden die Frauen ins Untergeschoß verbannt. Boubakeur behauptet zwar, es handle sich um ein "Zwischengeschoß", das von der Straße her zugänglich sei. Auch diene diese Wahl dem "Komfort" der betenden Frauen; früher hätten dort auch Männer gebetet.

Die betroffenen Musliminnen heben hingegen den Umstand hervor, dass der neu für die Frauen reservierte Raum keine Fenster aufweise und direkt unter dem offenen Gebetssaal der Männer liege. Das wollen die Frauen nicht hinnehmen. Am vergangenen Samstag versuchten sie, zusammen mit den Männern den Hauptgebetsraum zu betreten. Dabei wurden sie aber auf handfeste Weise zurückgewiesen. Es gab auf beiden Seiten Verletzte, darunter eine "fast gebrochene Nase", wie Augenzeugen berichteten.

Klagen in Vorbereitung

Nun werden sich die Gerichte mit dem Fall beschäftigen müssen. Ein Kollektiv Pariser Musliminnen bereitet eine Klage wegen Körperverletzung und Diskriminierung vor. Außerdem lanciert es eine Petition gegen die "Unsichtbarmachung der Frauen in den Kultusräumen". Ein Schreiben ähnlichen Inhalts schickte es an Rektor Boubakeur.

Die Große Moschee hat nicht geantwortet. Auf ihrer Webseite äußert sie sich dagegen in scharfen Worten gegen die "Fitna" (Aufstand, Rebellion) und droht den "Aktivistinnen" ihrerseits mit einer Gerichtsklage. Hinter vorgehaltener Hand meint ein Mitarbeiter Boubakeurs abschätzig, es handle sich bloß um eine Handvoll "islamischer Feministinnen".

Weder atheistisch noch konfrontativ

Deren Anwalt Hosni Maati entgegnet aufgebracht: "Meine Klientinnen sind doch keine Femen!" Er bezieht sich nicht zuletzt auf die jüngste Protestaktion einer barbusigen Frauenrechtlerin im Kölner Dom. Die Pariser Musliminnen seien weder atheistisch, noch suchten sie die Konfrontation. "Wir sollten gelassen an einem Tisch diskutieren. Es geht ja nicht um das Haus der Männer, sondern das Haus Gottes", meint eine Vertreterin des Kollektivs, Ndella Paye. Die 38-jährige Kopftuchträgerin engagiert sich auch gegen das Schleierverbot an den öffentlichen Schulen Frankreichs.

Ihre Mitstreiterin Hanane Karimi hat im Imane Magazine, einer Zeitschrift für Musliminnen, unlängst festgehalten, sie widme sich in ihren Studien dem Verhältnis von "Geschlecht und Islam im postkolonialen Frankreich" und der "Stellung der französischen Musliminnen". Unter anderem in den Moscheen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 28./29.12.2013)