Die Nutzung von Samenbanken soll lesbischen Paaren künftig auch in Österreich erlaubt sein.

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Wien - Den zwei Frauenpaaren, die mit ihren Beschwerden von den Höchstrichtern recht bekommen haben, steht jetzt nichts mehr im Weg, um ihren jeweiligen Kinderwunsch zu erfüllen: Die beiden 31- und 42-jährigen Welserinnen und die beiden 40- und 41-jährigen Wienerinnen - Letztere haben zusammen bereits ein erstes Kind - können ab so- fort die Dienste einer inländischen Samenbank in Anspruch nehmen.

Denn das am Freitag präsentierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), laut dem die in Österreich bisher verbotenen Samenspenden für lesbische Paare nunmehr zulässig sind, gilt für die Klägerinnen ab sofort. Während alle anderen in gleichgeschlechtlicher Beziehung lebenden Frauen auf eine etwaige Gesetzesreparatur bis Jahresende 2014 warten müssen - die dann aber auch für heterosexuelle Paare einen einfacheren Zugang zu Samenspenden ermöglichen sollte.

Bis Ende des heurigen Jahres nämlich haben die Höchstrichter der Regierung Zeit gegeben, um das Fortpflanzungsmedizingesetz zu reparieren: Nach einer, wie Verfassungsgerichtshofpräsident Gerhart Holzinger am Freitag vor der Presse sagte, wahren "Amputation".

Denn aufgehoben wurde nicht nur die in Paragraf 2/1 bisher enthaltene Beschränkung medizinisch unterstützter Fortpflanzung auf Ehe oder Lebensgemeinschaft "von Personen verschiedenen Geschlechts": jener Passus, der für den Ausschluss lesbischer Paare von Samenspenden zentral gewesen ist. Ins Gesetz war er erst 2010 auf Betreiben der ÖVP hineinoperiert worden, um den Zugang lesbischer oder schwuler eingetragener Partner zur künstlichen Fortpflanzung hintanzuhalten.

Einschränkungen weg

Außer Kraft gesetzt wurde vielmehr auch Paragraf 2/2 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, der bisher unter anderem bestimmte, dass sich Paare, bevor sie zu einer künstlichen Befruchtung zugelassen wurden, "allen möglichen und zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr" unterzogen haben mussten.

Detto Paragraf 3/1, der regelte, dass "für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet" werden durften. Sowie Paragraf 3/2, laut dem Samenspenden eines Dritten nur unter der Bedingung erlaubt waren, dass "der Ehegatte oder Lebensgefährte nicht fortpflanzungsfähig ist": allesamt Einschränkungen, die auch für heterosexuelle Paare höchst relevant gewesen waren, wie der Anwalt und Vertreter der zwei siegreichen Frauenpaare, Helmut Graupner, im Gespräch mit dem Standard herausstreicht.

Zentrale Argumente in Graupner Beschwerden entstammten Entscheiden des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Für das Europaratsgericht hat die Gleichstellung Homosexueller einen hohen Stellenwert. Lesbische und schwule Paare gelten als schützenswerte Familien, detto deren Kinderwünsche.

Der Verfassungsgerichtshof schloss sich dieser Sichtweise an: "Gleichgeschlechtliche Partnerschaften stehen nicht in einem Substitutionsverhältnis zu Ehen und verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, sondern treten zu diesen hinzu." Auch bestehe bei der Zulassung von Lesben zu Samenspenden kein Risiko, die in Österreich verbotene Leihmutterschaft zu erleichtern.

Von Homosexuellen-NGOs, SPÖ und Grünen kam Zustimmung zu dem VfGH-Entscheid, vom St. Pöltner Bischof Klaus Küng Ablehnung: Kinder wünschten sich Vater und Mutter und hätten darauf auch ein Recht, sagte er. (Irene Brickner, DER STANDARD, 18.1.2014)