Glückliche Kleinfamilien wollen mit Abtreibung nichts zu tun haben: Ein Werbemittel der Schweizer Initiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache".

Foto: privatsache.ch

Nun ist es amtlich, was Meinungsumfragen seit Wochen prophezeiten: Die SchweizerInnen haben kein Interesse daran, dass die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch in Zukunft privatisiert werden sollen. Mit 70 Prozent Ablehnung scheiterten die christlich-konservativen Kreise am Sonntag ganz klar mit ihrer Forderung, den Kostenersatz aus der obligatorischen schweizerischen Krankenversicherung zu streichen.

Österreich diente als Vorbild

Aus österreichischer Sicht ist die Debatte, die medial von der gleichzeitig angenommenen Initiative "Gegen Masseneinwanderung" überschattet wird, besonders interessant, da es hierzulande ja genau die Zustände gibt, gegen die sich die SchweizerInnen nun positioniert haben. Österreich ist jenes europäische Ausnahmeland, in dem der Abbruch zwar straffrei, aber von den Betroffenen selbst zu bezahlen ist. Die österreichische Regelung diente in der Schweiz deshalb auch als "Vorbild" für den Antrag.

Vordergründig wollte die Schweizer Initiative die Fristenlösung ja nicht infrage stellen: Stattdessen wurde mit den Eingriff- und Folgekosten argumentiert, die Abtreibungen produzieren. Und die Initiative behauptete, dass mit der Privatisierung der Kosten auch die Anzahl der Abbrüche sinken würde.

Blöd nur, dass in Österreich die (geschätzten) Abtreibungszahlen um einiges höher liegen als in der Schweiz, wo der Abbruch kostenlos ist. Während man in Österreich von rund 30.000 Abbrüchen pro Jahr ausgeht, sind es in der fast so bevölkerungsreichen Schweiz lediglich 10.400 (Stand 2012). Auch in puncto Kosten konnten die KritikerInnen der Initiative im Vorfeld nachweisen, dass sich diese lediglich im Promillebereich der schweizerischen Gesundheitskosten befinden.

Angst vor Veränderung

Das Votum in der Schweiz ist ein Zeichen dafür, dass die Bevölkerung mit der geltenden Fristenlösung, die sie ja erst 2002 bekommen hat, zufrieden ist.

Hierzulande wurde die Fristenlösung bereits vor mehr als 30 Jahren implementiert, und dennoch fehlt es in Westösterreich weiterhin an Abtreibungsmöglichkeiten in öffentlichen Spitälern. Immer noch gibt es keine sozial verträgliche Kostenregelung, was zu erheblichen Preisunterschieden bei den Eingriffen führt. Und der Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein scheint für die Politik sowieso denkunmöglich zu sein. Fortschrittlichere politische Kräfte mögen die Thematisierung und Verbesserung des Abtreibungsrechts aus Angst vor einem Totalangriff aus dem rechtskonservativen Lager scheuen. Das Beispiel Schweiz zeigt, dass diese Angst vielleicht nicht der beste Ratgeber ist. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 11.2.2014)