London - Die anglikanische Kirche von England geht den Weg Richtung Bischöfinnen weiter: Die Generalsynode in London verkürzte am Dienstag die Frist zur Abstimmung der Frage in den einzelnen Diözesen von sechs auf drei Monate. Eine Mehrheit der 44 Diözesen muss nun der Zulassung von Frauen zum Bischofsamt zustimmen; dies ist die vorletzte rechtliche Hürde.

Eine endgültige Abstimmung kann dann voraussichtlich im Juli stattfinden. Dort müssen alle drei Häuser der Synode - Bischöfe, Geistliche, Laien - mit Zweidrittelmehrheit Grünes Licht geben. Eine Zustimmung gilt diesmal als sehr wahrscheinlich. Erste Bischofsernennungen für Frauen wären dann nach Meinung von Beobachtern bis Jahresende möglich.

Nachdem im November 2012 ein Ja zu anglikanischen Bischöfinnen mit knapper Sperrminorität gescheitert war, hatte sich im Juli 2013 eine große Mehrheit für eine überarbeitete Neufassung eines entsprechenden Gesetzentwurfs ausgesprochen. Eine Änderung des Kirchenrechts in diesem Punkt müssen alle drei Abteilungen der Synode, die Bischöfe, die Kleriker und die Laien, jeweils mit Zweidrittelmehrheit billigen.

Frauen im Priesteramt spaltet Kirche

Ein Drittel des anglikanischen Klerus in England ist inzwischen weiblich. Die Staatskirche hatte sich Anfang der 1990er Jahre mit hauchdünner Mehrheit für eine Zulassung von Frauen zum Priesteramt entschieden. Seitdem spaltet die Frage die Kirche. Immer mehr der Nationalkirchen weltweit lassen Bischöfinnen zu. Allein seit September 2013 folgten Irland, Wales, Südindien und Australien.

Weltweit zählt die anglikanische Kirche etwa 77 Millionen Mitglieder. Außerhalb Englands gibt es 38 anglikanische Nationalkirchen in 26 Kirchenprovinzen, darunter in den USA, Australien und - mit wachsender Bedeutung - in mehreren afrikanischen Ländern. Der englischen Mutterkirche steht die Königin als weltliches Oberhaupt vor.

Geistliches Oberhaupt, Primas der Kirche von England sowie Ehrenoberhaupt der anglikanischen Weltgemeinschaft, ist der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby (58). Er hat jedoch als Primus inter pares (Erster unter Gleichen) keine Weisungsbefugnis für die Nationalkirchen.

Seit Jahrhunderten schon zwei Lager

Bereits im 17. Jahrhundert entstanden zwei große theologische Lager, die "High Church" mit Betonung von Kirchenverfassung und Sakramenten sowie die "Low Church" mit Betonung der Heiligen Schrift. Mittlerweile stehen in beiden Lagern Konservative und Liberale einander gegenüber. Die Spannungen haben sich in den vergangenen Jahren erheblich verschärft. Streitfragen sind die in vielen Nationalkirchen zugelassene Weihe von Frauen zu Geistlichen, teils auch zu Bischöfinnen, sowie der Umgang mit Homosexuellen. (APA, 12.7.2014)