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Für die verpflichtende ärztliche Untersuchung müssen Prostituierte in Salzburg jede Woche 35 Euro zahlen. 

Foto: REUTERS/ERIC GAILLARD

Salzburg – Es ist 13 Uhr, Mittagspause. Draußen scheint zwar keine Sonne, aber hier drinnen ist finstere Nacht. Dicke Samtvorhänge schirmen die Gänge im Salzburger Roma-Club gegen jegliches Zeitgefühl ab. Nacheinander betreten drei Männer das Laufhaus vom Parkplatz aus. Jeder pirscht für sich von Stockwerk zu Stockwerk, vorbei an schwülstigen Tapeten und Barockspiegeln, den Augenkontakt mit den anderen vermeidend.

Neben jedem Zimmer hängt ein kleiner Bildschirm, über den inszenierte Studiofotos der jeweiligen Frau flimmern. An der Tür signalisieren grüne oder rote Kärtchen, ob schon ein Kunde da ist. "Lieber Gast, wenn das Mädchen nicht besetzt ist, bitte klopfen", mahnt ein Schild im Eingangsbereich. Daran hält sich auch Christine Nagl, die ihren schwarzen Einkaufswagen über den Flur mit den Perserteppichen zieht.

Keine Missionierung

"Hallo, ich bin es nur", sagt sie, während sich die Tür einen Spaltbreit öffnet. Eine dunkelhaarige junge Frau lächelt heraus. Hinter ihr sind die Bettlaken zerwühlt, der letzte Besucher ist soeben gegangen. Sie schlägt den Bademantel zu und nimmt das kleine Päckchen entgegen, das Nagl ihr überreicht. Darin sind Kondome, Bodylotion und: Informationsbroschüren. Nagl arbeitet für das Projekt Pia und ist Salzburgs einzige Sozialarbeiterin, die sich um Prostituierte kümmert.

Sie missioniert nicht. "Wennst was brauchst, meldest dich, okay?", sagt sie einer nach der anderen. Dann zieht sie weiter zum nächsten Bordell. Die Anliegen der Frauen sind meist die gleichen: Geldsorgen, rechtliche Scherereien, Fragen zu Gesundheit. In Salzburg scheinen alle drei Bereiche besonders eng zu verschmelzen.

Zwar müssen Prostituierte in ganz Österreich jede Woche zur Untersuchung für den Deckel, wie die Gesundenkarte heißt, zum Amtsarzt. Doch nur in Salzburg kostet die verpflichtende Kontrolle jede Woche 35 Euro – obwohl Prostituierte als Selbstständige ihre SVA-Beiträge einzahlen. Bei aktuell 425 registrierten Sexarbeiterinnen in der Stadt und im Land Salzburg spült die Pflichtuntersuchung somit jeden Monat rund 60.000 Euro in die Kassen der Landesregierung.

Teure Dreifaltigkeit

Die SPÖ hat die Gebühr im Juli 2010 eingeführt. "Wir haben sie lediglich übernommen", argumentiert Harald Haidenberger vom jetzt schwarzen Gesundheitsressort. Verwendet würde sie als "Aufwandsentschädigung" für die Gesundheitsämter. Eine Abschaffung stehe nicht zur Diskussion.

Im Gegensatz zu Wien, wo die Untersuchung kostenlos ist, verlangt auch die Steiermark 30 Euro für den Ersttermin und 15 Euro jede weitere Woche. Nagl erzählt, dass in manchen Betrieben in Tirol und Oberösterreich der Arzt direkt im Bordell untersuchen würde. Das ist weder legal noch billig. Im Bericht der Ländergruppe Taskforce Menschenhandel des Bundeskanzleramts ist von "bis zu 250 Euro monatlich" die Rede, die Frauen zahlen müssen, weil sie weit weg von der Amtsstelle arbeiten. Ganz abgesehen davon, dass einige Mitglieder der Arbeitsgruppe die Untersuchung für nicht notwendig halten. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 13.2.2014)